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Monday, June 13, 2022

GRICE E BONTEMPELLI: IL SINTOMO

  u a          be    US  (2    Se Um  . %. Pr pn d Der  sd g,’ fr    Ben =  Ri  »    e Wu       sIGM FREUD    Hemmung, Symptom  und Angst    re et .  Van * A    1.1    ee    ne ia he       Hemmung, Symptom  und Angst    von    Siem. Freud    1926  Internationaler Psychoanalytischer Verlag  Leipzig u RE ai Zürich    Alle Rechte vorbehalten,  insbesondere die der Übersetzung in alle Sprachen    Copyright 1926  bv „Internationaler Psychoanalytischer Verlag, Ges. m. b. H.*, Wien    Druck: Elbemühl Papierfabriken und Graphische Industrie A.G.  Wien, IL, Rüdengasse ıı    I    Unser Sprachgebrauch läßt uns in der Beschreibung  pathologischer Phänomene Symptome und Hemmungen  unterscheiden, aber er legt diesem Unterschied nicht  viel Wert bei. Kämen uns nicht Krankheitsfälle vor,  von denen wir aussagen müssen, daß sie nur Hem-  mungen und keine Symptome zeigen, und wollten wir  nicht wissen, was dafür die Bedingung ist, so brächten  wir kaum das Interesse auf, die Begriffe Hemmung  und Symptom gegeneinander abzugrenzen.   Die beiden sind nicht auf dem nämlichen Boden  erwachsen. Hemmung hat eine besondere Beziehung  zur Funktion und bedeutet nicht notwendig etwas  Pathologisches, man kann auch eine normale Ein-  schränkung einer Funktion eine Hemmung derselben  nennen. Symptom hingegen heißt soviel wie Anzeichen  eines krankhaften Vorganges. Es kann also auch eine  Hemmung ein Symptom sein. Der Sprachgebrauch  verfährt dann so, daß er von Hemmung spricht, wo  eine einfache Herabsetzung der Funktion vorliegt, von    6 Siem. Freud    Symptom, wo es sich um eine ungewöhnliche Ab-  änderung derselben oder um eine neue Leistung handelt.  In vielen Fällen scheint es der Willkür überlassen,  ob man die positive oder die negative Seite des  pathologischen Vorgangs betonen, seinen Erfolg als  Symptom oder als Hemmung bezeichnen will. Das  alles ist wirklich nicht interessant und die Fragestellung,  von der wir ausgingen, erweist sich als wenig fruchtbar.   Da die Hemmung begrifflich so innig an die  Funktion geknüpft ist, kann:man auf die Idee kommen,  die verschiedenen Ichfunktionen daraufhin zu unter-  suchen, in welchen Formen sich deren Störung bei  den einzelnen neurotischen Affektionen äußert. Wir  wählen für diese vergleichende Studie: die Sexual-  funktion, das Essen, die Lokomotion und die Berufs-  arbeit. |   a) Die Sexualfunktion unterliegt sehr mannigfaltigen  Störungen, von denen die meisten den Charakter  einfacher Hemmungen zeigen. Diese werden als psy-  chische Impotenz zusammengefaßt. Das Zustande-  kommen der normalen Sexualleistung setzt einen sehr  komplizierten Ablauf voraus, die Störung kann an  jeder Stelle desselben eingreifen. Die Hauptstationen  der Hemmung sind beim Manne: die Abwendung  der Libido zur Einleitung des Vorgangs (psychische  Unlust), das Ausbleiben der physischen Vorbereitung  (Erektionslosigkeit), die Abkürzung des Aktes (Eja-  culatio praecox, die ebensowohl als positives Symptom    Hemmung, Symptom und Angst 7    beschrieben werden kann), die Aufhaltung desselben  vor dem natürlichen Ausgang (Ejakulationsmangel),  das Nichtzustandekommen des psychischen Effekts  (der Lustempfindung des Orgasmus). Andere Störungen  erfolgen durch die Verknüpfung der Funktion mit  besonderen Bedingungen, perverser oder fetischistischer  Natur.   Eine Beziehung der Hemmung zur Angst kann  uns nicht lange entgehen. Manche Hemmungen sind  offenbar Verzichte auf Funktion, weil bei deren Aus-  übung Angst entwickelt werden würde. Direkte Angst  vor der Sexualfunktion ist beim Weibe häufig; wir  ordnen sie der Hysterie zu, ebenso das Abwehr-  symptom des Ekels, das sich ursprünglich als nach-  trägliche Reaktion auf den passiv erlebten Sexualakt  einstellt, später bei der Vorstellung desselben auf-  tritt. Auch eine großse Anzahl von Zwangshandlungen  erweisen sich als Vorsichten und Versicherungen gegen  sexuelles Erleben, sind also phobischer Natur.   Man kommt da im Verständnis nicht sehr weit;  man merkt nur, daß sehr verschiedene Verfahren  verwendet werden, um die Funktion zu stören: 7) die  bloße Abwendung der Libido, die am ehesten zu  ergeben scheint, was wir eine reine Hemmung  heißen, 2) die Verschlechterung in der Ausführung  der Funktion, 3) die Erschwerung derselben durch  besondere Bedingungen und ihre Modifikation durch  Ablenkung auf andere Ziele, 2) ihre Vorbeugung    8 Siem. Freud    durch Sicherungsmaßregeln, 5) ihre Unterbrechung  durch Angstentwicklung, sowie sich ihr Ansatz nicht  mehr verhindern läßt, endlich 6) eine nachträgliche  Reaktion, die dagegen protestiert und das Geschehene  rückgängig machen will, wenn die Funktion doch  durchgeführt wurde.   6) Die häufigste Störung der Nahrungsfunktion ist  die Efunlust durch Abziehung der Libido. Auch  Steigerungen der Eßlust sind nicht selten; ein Eß-  zwang motiviert sich durch Angst vor dem Verhungern,  ist wenig untersucht. Als hysterische Abwehr des  Essens kennen wir das Symptom des Erbrechens.  Die Nahrungsverweigerung infolge von Angst gehört  psychotischen Zuständen an (Vergiftungswahn).   c) Die Lokomotion wird bei manchen neurotischen  Zuständen durch Gehunlust und Gehschwäche gehemmt,  die hysterische Behinderung bedient sich der  motorischen Lähmung des Bewegungsapparates oder  schafit eine spezialisierte Aufhebung dieser einen  Funktion desselben (Abasie). Besonders charakteristisch  sind die Erschwerungen der Lokomotion durch Ein-  schaltung bestimmter Bedingungen, bei deren Nicht-  erfüllung Angst auftritt (Phobie).   d) Die Arbeitshemmung, die so oft als isoliertes  Symptom Gegenstand der Behandlung wird, zeigt uns  verminderte Lust oder schlechtere Ausführung oder  Reaktionserscheinungen wie Müdigkeit (Schwindel, Er-  brechen), wenn die Fortsetzung der Arbeit erzwungen       Hemmung, Symptom und Angst 9    wird. Die Hysterie erzwingt die Einstellung der Arbeit  durch Erzeugung von Organ- und Funktionslähmungen,  deren Bestand mit der Ausführung der Arbeit unver-  einbar ist. Die Zwangsneurose stört die Arbeit durch  fortgesetzte Ablenkung und durch den Zeitverlust bei  eingeschobenen Verweilungen und Wiederholungen.   Wir könnten diese Übersicht noch auf andere  Funktionen ausdehnen, aber wir dürfen nicht erwarten,  dabei mehr zu erreichen. Wir kämen nicht über die  Oberfläche der Erscheinungen hinaus. Entschließen wir  uns darum zu einer Auffassung, die dem Begriff der  Hemmung nicht mehr viel Rätselhaftes beläßt. Die  Hemmung ist der Ausdruck einer Funktions-  einschränkung des Ichs, die selbst sehr ver-  schiedene Ursachen haben kann. Manche der Mecha-  nismen dieses Verzichts auf Funktion und eine allge-  meine Tendenz desselben sind uns wohlbekannt.   An den spezialisierten Hemmungen ist die Tendenz  leichter zu erkennen. Wenn das Klavierspielen, Schreiben  und selbst das Gehen neurotischen Hemmungen unter-  liegen, so zeigt uns die Analyse den Grund hiefür in  einer überstarken Erotisierung der bei diesen Funk-  tionen in Anspruch genommenen Organe, der Finger  und der Füße. Wir haben ganz allgemein die Einsicht  gewonnen, dafs die Ichfunktion eines Organs geschädigt  wird, wenn seine Erogeneität, seine sexuelle Bedeutung,  zunimmt. Es benimmt sich dann, wenn man den  einigermaßen skurrilen Vergleich wagen darf, wie eine    10 Siem. Freud       Köchin, die nicht mehr am Herd arbeiten will, weil  der Herr des Hauses Liebesbeziehungen zu ihr ange-  knüpft hat. Wenn das Schreiben, das darin besteht,  aus einem Rohr Flüssigkeit auf ein Stück weißes  Papier fließen zu lassen, die symbolische Bedeutung  des Koitus angenommen hat, oder wenn das Gehen  zum symbolischen Ersatz des Stampfens auf dem Leib  der Mutter Erde geworden ist, dann wird beides,  Schreiben und Gehen, unterlassen, weil es so ist, als  ob man die verbotene sexuelle Handlung ausführen  würde. Das Ich verzichtet auf diese ihm zustehenden  Funktionen, um nicht eine neuerliche Verdrängung  vornehmen zu müssen, um einem Konflikt mit  dem Es auszuweichen.   Andere Hemmungen erfolgen offenbar im Dienste  der Selbstbestrafung, wie nicht selten die der be-  ruflichen Tätigkeiten. Das Ich darf diese Dinge  nicht tun, weil sie ihm Nutzen und Erfolg bringen  würden, was das gestrenge Über-Ich versagt hat. Dann  verzichtet das Ich auch auf diese Leistungen, um  nieht in Konflikt mit dem Über-Ich zu  geraten.   Die allgemeineren Hemmungen des Ichs folgen  einem einfachen anderen Mechanismus. Wenn das Ich  durch eine psychische Aufgabe von besonderer Schwere  in Anspruch genommen ist, wie z. B. durch eine  Irauer, eine großartige Affektunterdrückung, durch  die Nötigung, beständig aufsteigende sexuelle Phan-    Hemmung, Symptom und Angst II    tasıen niederzuhalten, dann verarmt es so sehr an der  ihm verfügbaren Energie, dafs es seinen Aufwand an  vielen Stellen zugleich einschränken muß, wie ein  Spekulant, der seine Gelder in seinen Unternehmungen  immobilisiert hat. Ein lehrreiches Beispiel einer solchen  intensiven Allgemeinhemmung von kurzer Dauer konnte  ich an einem Zwangskranken beobachten, der in eine  lähmende Müdigkeit won ein- bis mehrtägiger Dauer  bei Anlässen verfiel, die offenbar einen Wutausbruch  hätten herbeiführen sollen. Von hier aus mufß auch  ein Weg zum Verständnis der Allgemeinhemmung zu  finden sein, durch die sich die Depressionszustände  und der schwerste derselben, die Melancholie, kenn-  zeichnen.   Man kann also abschließend über die Hemmungen  sagen, sie seien Einschränkungen der Ichfunktionen,  entweder aus Vorsicht oder infolge von Energie-  verarmung. Es ist nun leicht zu erkennen, worin  sich die Hemmung vom Symptom unterscheidet. Da  Symptom kann nicht mehr als ein Vorgang in oder  am.Ich beschrieben werden.    II    Die Grundzüge der Symptombildung sind längst  studiert und in hoffentlich unanfechtbarer Weise aus-  gesprochen worden. Das Symptom sei Anzeichen und  Ersatz einer unterbliebenen Triebbefriedigung, ein Erfolg  des Verdrängungsvorganges. Die Verdrängung geht  vom Ich aus, das, eventuell im Auftrage des Über-  Ichs, eine im Es angeregte Triebbesetzung nicht mit-  machen will. Das Ich erreicht durch die Verdrängung,  daß die Vorstellung, welche der Träger der unlieb-  samen Regung war, vom Bewußtwerden abgehalten  wird. Die Analyse weist oftmals nach, daß sie als un-  bewußste Formation erhalten geblieben ist. So weit  wäre es klar, aber bald beginnen die unerledigten  Schwierigkeiten.   Unsere bisherigen Beschreibungen des Vorganges  bei der Verdrängung haben den Erfolg der Abhaltung  vom Bewußtsein nachdrücklich betont, aber in anderen  Punkten Zweifel offen gelassen. Es entsteht die Frage,  was ist das Schicksal der im Es aktivierten Trieb-       Alemmung, Symptom und Angst 13       regung, die auf Befriedigung abzielt? Die Antwort  war eine indirekte, sie lautete, durch den Vorgang der  Verdrängung werde die zu erwartende Befriedigungs-  lust in Unlust verwandelt, und dann stand man vor  dem Problem, wie Unlust das Ergebnis einer Trieb-  befriedigung sein könne. Wir hoffen den Sachverhalt  zu klären, wenn wir die bestimmte Aussage machen,  der im Es beabsichtigte Erregungsablauf komme infolge  der Verdrängung überhaupt nicht zustande, es gelingt  dem Ich, ihn zu inhibieren oder abzulenken. Dann  entfällt das Rätsel der „Affektverwandlung‘‘ bei der  Verdrängung. Wir haben aber damit dem Ich das  Zugeständnis gemacht, daß es einen so weitgehenden  Einfluß auf die Vorgänge im Es äußern kann, und  sollen verstehen lernen, auf welchem Wege ihm diese  überraschende Machtentfaltung möglich wird.   Ich glaube, dieser Einfluß fällt dem Ich zu infolge  seiner innigen Beziehungen zum Wahrnehmungssystem,  die ja sein Wesen ausmachen und der Grund seiner  Differenzierung vom Es geworden sind. Die Funktion  dieses Systems, das wir W-Bw genannt haben, ist mit  dem Phänomen des Bewußstseins verbunden; es empfängt  Erregungen nicht nur von außen, sondern auch von  innen her und mittels der Lust-Unlustempfindungen,  die es von daher erreichen, versucht es, alle Abläufe  des seelischen Geschehens im Sinne des Lustprinzips  zu lenken. Wir stellen uns das Ich so gerne als ohn-  mächtig gegen das Es vor, aber wenn es sich gegen    14 Sigm. Freud    einen Triebvorgang im Es sträubt, so braucht es blof3  ein Unlustsignal zu geben, um seine Absicht durch  die Hilfe der beinahe allmächtigen Instanz des Lust-  prinzips zu erreichen. Wenn wir diese Situation für  einen Augenblick isoliert betrachten, können wir sie  durch ein Beispiel aus einer anderen Sphäre illustrieren.  In einem Staate wehre sich eine gewisse Clique gegen  eine Mafsregel, deren Beschluß den Neigungen der  Masse entsprechen würde. Diese Minderzahl bemächtigt  sich dann der Presse, bearbeitet durch sie die souve-  räne „Öffentliche Meinung“ und setzt es so durch,  daf$ der geplante Beschluf3 unterbleibt.   An die eine Beantwortung knüpfen weitere Frage-  stellungen an. Woher rührt die Energie, die zur Er-  zeugung des Unlustsignals verwendet wird? Hier weist  uns die Idee den Weg, daß die Abwehr eines un-  erwünschten Vorganges im Inneren nach dem Muster  der Abwehr gegen einen äußeren Reiz geschehen  dürfte, daß das Ich den gleichen Weg der Verteidi-  gung gegen die innere wie gegen die äußere Gefahr  einschlägt. Bei äußerer Gefahr unternimmt das  organische Wesen einen Fluchtversuch, es zieht zu-  nächst die Besetzung von der Wahrnehmung des  Gefährlichen ab; später erkennt es als das wirk-  samere Mittel, solche Muskelaktionen vorzunehmen,  dafs die Wahrnehmung der Gefahr, auch wenn man  sie nicht verweigert, unmöglich wird, also sich dem  Wirkungsbereich der Gefahr zu entziehen. Einem    Aemmung, Symptom und Angst 15       solchen Fluchtversuch gleichwertig ist auch die Ver-  drängung. Das Ich zieht die (vorbewußte) Besetzung  von der zu verdrängenden Triebrepräsentanz ab und  verwendet sie für die Unlust-(Angst-)Entbindung. Das  Problem, wie bei der Verdrängung die Angst entsteht,  mag kein einfaches sein; immerhin hat man das Recht,  an der Idee festzuhalten, daß das Ich die eigentliche  Angststätte ist, und die frühere Auffassung zurück-  zuweisen, die Besetzungsenergie der verdrängten Regung  werde automatisch in Angst verwandelt. Wenn ich  mich früher einmal so geäußert habe, so gab ich  eine phänomenologische Beschreibung, nicht eine meta-  psychologische Darstellung.   Aus dem Gesagten leitet sich die neue Frage ab,  wie es ökonomisch möglich ist, daß ein bloßer Ab-  ziehungs- und Abfuhrvorgang wie beim Rückzug der  vorbewufßsten Ichbesetzung Unlust oder Angst erzeugen  könne, die nach unseren Voraussetzungen nur Folge  gesteigerter Besetzung sein kann. Ich antworte, diese  Verursachung soll nicht ökonomisch erklärt werden,  die Angst wird bei der Verdrängung nicht neu erzeugt,  sondern als Affektzustand nach einem vorhandenen  Erinnerungsbild reproduziert. Mit der weiteren Frage  nach der Herkunft dieser Angst — wie der Affekte  überhaupt — verlassen wir aber den unbestritten  psychologischen Boden und betreten das Grenzgebiet  der Physiologie. Die Affektzustände sind dem Seelen-  leben als Niederschläge uralter traumatischer Erleb-    16 Sigm. Freud    nisse einverleibt und werden in ähnlichen Situationen  wie Erinnerungssymbole wachgerufen. Ich meine, ich  hatte nicht Unrecht, sie den spät und individuell erwor-  benen hysterischen Anfällen gleichzusetzen und als  deren Normalvorbilder zu betrachten. Beim Menschen  und ihm verwandten Geschöpfen scheint der Geburts-  akt als das erste individuelle Angsterlebnis dem Aus-  druck des Angstaffekts charakteristische Züge geliehen  zu haben. Wir sollen aber diesen Zusammenhang nicht  überschätzen und in seiner Anerkennung nicht über-  sehen, daß ein Affektsymbol für die Situation der  Gefahr eine biologische Notwendigkeit ist und auf  jeden Fall geschaffen worden wäre, Ich halte es auch  für unberechtigt anzunehmen, daß bei jedem Angst-  ausbruch etwas im Seelenleben vor sich geht, was  einer Reproduktion der Geburtssituation gleichkommt.  Es ist nicht einmal sicher, ob die hysterischen Anfälle,  die ursprünglich solche traumatische Reproduktionen  sind, diesen Charakter dauernd bewahren.   Ich habe an anderer Stelle ausgeführt, daß die  meisten Verdrängungen, mit denen wir bei der  therapeutischen Arbeit zu tun bekommen, Fälle von  Nachdrängen sind. Sie setzen früher erfolgte  Urverdrängungen voraus, die auf die neuere  Situation ihren anziehenden Einfluß ausüben. Von  diesen Hintergründen und Vorstufen der Verdrängung  ist noch viel zu wenig bekannt. Man kommt leicht  in Gefahr, die Rolle des Über-Ichs bei der Verdrän-    Femmung, Symptom und Angst 17    gung zu überschätzen. Man kann es derzeit nicht  beurteilen, ob etwa das Auftreten des Über-Ichs die  Abgrenzung zwischen Urverdrängung und Nachdrängen  schafft. Die ersten —- sehr intensiven — Angstaus-  brüche erfolgen jedenfalls vor der Differenzierung des  Über-Ichs. Es ist durchaus plausibel, daß quantitative  Momente, wie die übergroße Stärke der Erregung  und der Durchbruch des Reizschutzes, die nächsten  Anlässe der Urverdrängungen sind.   Die Erwähnung des Reizschutzes mahnt uns wie  ein Stichwort, daß die Verdrängungen in zwei unter-  schiedenen Situationen auftreten, nämlich wenn eine  unliebsame Triebregung durch eine äußere Wahr-  nehmung wachgerufen wird, und wenn sie ohne solche  Provokation im Innern auftaucht. Wir werden später  auf diese Verschiedenheit zurückkommen. Reizschutz  gibt es aber nur gegen äußere Reize, nicht gegen  innere Triebansprüche.   Solange wir den Fluchtversuch des Ichs studieren,  bleiben wir der Symptombildung ferne. Das Symptom  entsteht aus der durch die Verdrängung beeinträch-  tisten Triebregung. Wenn das Ich durch die Inan-  spruchnahme des Unlustsignals seine Absicht erreicht,  die Triebregung völlig zu unterdrücken, erfahren wir  nichts darüber, wie das geschieht. Wir lernen nur  aus den Fällen, die als mehr oder minder mißglückte  Verdrängungen zu bezeichnen sind.   Dann stellt essich im Allgemeinen so dar, dafs die    Freud: Hemmung, Symptom und Angst 2    18 Sigm. Freud       Triebregung zwar trotz der Verdrängung einen Ersatz  gefunden hat, aber einen stark verkümmerten, ver-  schobenen, gehemmten. Er ist auch als Befriedigung  nicht mehr kenntlich. Wenn er vollzogen wird, kommt  keine Lustempfindung zustande, dafür hat dieser  Vollzug den Charakter des Zwanges angenommen.  Aber bei dieser Erniedrigung des Befriedigungs-  ablaufes zum Symptom zeigt die Verdrängung ihre  Macht noch in einem anderen Punkte. Der Ersatz-  vorgang wird wo möglich von der Abfuhr durch die  Motilität ferngehalten; auch wo dies nicht gelingt,  mufS er sich in der Veränderung des eigenen Körpers  erschöpfen und darf nicht auf die Außenwelt über-  greifen; es wird ihm verwehrt, sich in Handlung um-  zusetzen. Wir verstehen, bei der Verdrängung arbeitet  das Ich unter dem Einfluß der äußeren Realität und  schließt darum den Erfolg des Ersatzvorganges von  dieser Realität ab.   Das Ich beherrscht den Zugang zum Bewußtsein  wie den Übergang zur Handlung gegen die Außen-  welt; in der Verdrängung betätigt es seine Macht  nach beiden Richtungen. Die Triebrepräsentanz  bekommt die eine, die Triebregung selbst die andere  Seite seiner Kraftäußerung zu spüren. Da ist es denn  am Platze, sich zu fragen, wie diese Anerkennung der  Mächtigkeit des Ichs mit der Beschreibung zusammen-  kommt, die wir in der Studie „Das Ich und das Es“  von der Stellung desselben Ichs entworfen haben.    MAemmung, Symptom und Angst Ig    Wir haben dort die Abhängigkeit des Ichs vom Es  wie vom Über-Ich geschildert, seine Ohnmacht und  Angstbereitschaft gegen beide, seine mühsam aufrecht  erhaltene Überheblichkeit entlarvt. Dieses Urteil hat  seither einen starken Widerhall in der psychoanaly-  tischen Literatur gefunden. Zahlreiche Stimmen  betonen eindringlich die Schwäche des Ichs gegen  das Es, des Rationellen gegen das Dämonische in uns  und schicken sich an, diesen Satz zu einem Grund-  pfeiler einer psychoanalytischen „Weltanschauung“ zu  machen. Sollte nicht die Einsicht in die Wirkungs-  weise der Verdrängung gerade den Analytiker von so  extremer Parteinahme zurückhalten?   Ich bin überhaupt nicht für die Fabrikation von  Weltanschauungen. Die überlasse man den Philosophen,  die eingestandenermafßsen die Lebensreise ohne einen  solchen Baedeker, der über alles Auskunft gibt,  nicht ausführbar finden. Nehmen wir demütig die  Verachtung auf uns, mit der die Philosophen vom  Standpunkt ihrer höheren Bedürftigkeit auf uns herab-  schauen. Da auch wir unseren narzißtischen Stolz  nicht verleugnen können, wollen wir unseren Trost in  der Erwägung suchen, daß alle diese ‚„Lebensführer“  rasch veralten, daß es gerade unsere kurzsichtig  beschränkte Kleinarbeit ist, welche deren Neuauflagen  notwendig macht, und daß selbst die modernsten  dieser Baedeker Versuche sind, den alten, so be-  quemen und so vollständigen Katechismus zu ersetzen.    o*    20 Siem. Freund    —    Wir wissen genau, wie wenig Licht die Wissenschaft  bisher über die Rätsel dieser Welt verbreiten konnte;  alles Poltern der Philosophen kann daran nichts  ändern, nur geduldige Fortsetzung der Arbeit, die  alles der einen Forderung nach Gewißheit unter-  ordnet, kann langsam Wandel schaffen. Wenn der  Wanderer in der Dunkelheit singt, verleugnet er  seine Ängstlichkeit, aber er sieht darum um nichts  heller.    IM    Um zum Problem des Ichs zurückzukehren: Der  Anschein des Widerspruchs kommt daher, daf wir  Abstraktionen zu starr nehmen und aus einem kom-  plizierten Sachverhalt bald die eine, bald die andere  Seite allein herausgreifen. Die Scheidung des Ichs  vom Es scheint gerechtfertigt, sie wird uns durch  bestimmte Verhältnisse aufgedrängt. Aber anderseits  ist das Ich mit dem Es identisch, nur ein besonders  differenzierter Anteil desselben. Stellen wir dieses  Stück in Gedanken dem Ganzen gegenüber, oder hat  sich ein wirklicher Zwiespalt zwischen den beiden  ergeben, so wird uns die Schwäche dieses Ichs offen-  bar. Bleibt das Ich aber mit dem Es verbunden, von  ihm nicht unterscheidbar, so zeigt sich seine Stärke.  Ähnlich ist das Verhältnis des Ichs zum Über-Ich; für  viele Situationen fließen uns die beiden zusammen,  meistens können wir sie nur unterscheiden, wenn sich  eine Spannung, ein Konflikt zwischen ihnen hergestellt  hat. Für den Fall der Verdrängung wird die Tat-    ——— | Re    22 Siem. Freud       sache entscheidend, daß das Ich eine Organisation ist,  das Es aber keine; das Ich ist eben der organi-  sierte Anteil des Es. Es wäre ganz ungerechtfertigt,  wenn man sich vorstellte, Ich und Es seien wie zwei  verschiedene Heerlager ; durch die Verdrängung suche  das Ich ein Stück des Es zu unterdrücken, nun  komme das übrige Es dem Angegriffenen zu Hilfe  und messe seine Stärke mit der des Ichs. Das mag  oft zustande kommen, aber es ist gewifs nicht die  Eingangssituation der Verdrängung; in der Regel  bleibt die zu verdrängende Triebregung isoliert. Hat  der Akt der Verdrängung uns die Stärke des Ichs  gezeigt, so legt er doch in einem auch Zeugnis ab für  dessen Ohnmacht und für die Unbeeinflußbarkeit der  einzelnen Triebregung des Es. Denn der Vorgang,  der durch die Verdrängung zum Symptom geworden  ist, behauptet nun seine Existenz außerhalb der  Ichorganisation und unabhängig von ihr. Und nicht er  allein, auch alle seine Abkömmlinge genießen das-  selbe Vorrecht, man möchte sagen: der Extraterritoria-  lität, und wo sie mit Anteilen der Ichorganisation  assoziativ zusammentreffen, wird es fraglich, ob sie  diese nicht zu sich herüberziehen und sich mit diesem  Gewinn auf Kosten des Ichs ausbreiten werden. Ein  uns längst vertrauter Vergleich betrachtet das Symptom  als einen Fremdkörper, der unaufhörlich Reiz- und  Reaktionserscheinungen in dem Gewebe unterhält,  in das er sich eingebettet hat. Es kommt zwar    Femmung, Symptom und Angst 33    vor, daß der Abwehrkampf gegen die unliebsame  Triebregung durch die Symptombildung abgeschlossen  wird; soweit wir sehen, ist dies am ehesten bei der  hysterischen Konversion möglich, aber in der Regel  ist der Verlauf ein anderer; nach dem ersten Akt  der Verdrängung folgt ein langwieriges oder nie zu  beendendes Nachspiel, der Kampf gegen die Trieb-  regung findet seine Fortsetzung in dem Kampf gegen  das Symptom.   Dieser sekundäre Abwehrkampf zeigt uns zwei  Gesichter — mit widersprechendem Ausdruck. Einer-  seits wird das Ich durch seine Natur genötigt, etwas  zu unternehmen, was wir als Herstellungs- oder Ver-  söhnungsversuch beurteilen müssen. Das Ich ist eine  Organisation, es beruht auf dem freien Verkehr und  der Möglichkeit gegenseitiger Beeinflussung unter all  seinen Bestandteilen, seine desexualisierte Energie be-  kundet ihre Herkunft noch in dem Streben nach Bindung  und Vereinheitlichung und dieser Zwang zur Synthese  nimmt immer mehr zu, je kräftiger sich das Ich ent-  wickelt. So wird es verständlich, daß das Ich auch  versucht, die Fremdheit und Isolierung des Symptoms  aufzuheben, indem es alle Möglichkeiten ausnützt, es  irgendwie an sich zu binden und durch solche Bande  seiner Organisation einzuverleiben. Wir wissen, daß  ein solches Bestreben bereits den Akt der Symptom-  bildung beeinflußt. Ein klassisches Beispiel dafür sind  jene hysterischen Symptome, die uns als Kompromifs    24 Siem. Freud    zwischen Befriedigungs- und Strafbedürfnis durchsichtig  geworden sind. Als Erfüllungen einer Forderung des  Über-Ichs haben solche Symptome von vorneherein  Anteil am Ich, während sie anderseits Positionen des  Verdrängten und Einbruchsstellen desselben in die  Ichorganisation bedeuten; sie sind sozusagen Grenz-  stationen mit gemischter Besetzung. Ob alle primären  hysterischen Symptome so gebaut sind, verdiente  eine sorgfältige Untersuchung. Im weiteren Verlaufe  benimmt sich das Ich so, als ob es von der Er-  wägung geleitet würde: das Symptom ist einmal da  und kann nicht beseitigt werden; nun heißt es, sich  mit dieser Situation befreunden und den größtmög-  lichen Vorteil aus ihr ziehen. Es findet eine Anpassung  an das ichfremde Stück der Innenwelt statt, das  durch das Symptom repräsentiert wird, wie sie das  Ich sonst normalerweise gegen die reale Außenwelt  zustande bringt. An Anlässen hiezu fehlt es nie. Die  Existenz des Symptoms mag eine gewisse Behinde-  rung der Leistung mit sich bringen, mit der man eine  Anforderung des Über-Ichs beschwichtigen oder einen  Anspruch der Außenwelt zurückweisen kann. So wird  das Symptom allmählich mit der Vertretung wichtiger  Interessen betraut, es erhält einen Wert für die  Selbstbehauptung, verwächst immer inniger mit dem  Ich, wird ihm immer unentbehrlicher. Nur in ganz  seltenen Fällen kann der Prozeß der Einheilung eines  Fremdkörpers etwas ähnliches wiederholen. Man kann    Femmung, Symptom und Angst 25    die Bedeutung dieser sekundären Anpassung an das  Symptom auch übertreiben, indem man aussagt, das  Ich habe sich das Symptom überhaupt nur ange-  schafft, um dessen Vorteile zu genießen. Das ist  dann so richtig oder so falschh wie wenn man die  Ansicht vertritt, der Kriegsverletzte habe sich das  Bein nur abschießen lassen, um dann arbeitsfrei von  seiner Invalidenrente zu leben.   Andere Symptomgestaltungen, die der Zwangs-  neurose und der Paranoia, bekommen einen hohen  Wert für das Ich, nicht weil sie ihm Vorteile, sondern  weil sie ihm eine sonst entbehrte narzißtische  Befriedigung bringen. Die Systembildungen der Zwangs-  neurotiker schmeicheln ihrer Eigenliebe durch die  Vorspiegelung, sie seien als besonders reinliche oder  gewissenhafte Menschen besser als andere; die Wahn-  bildungen der Paranoia eröffnen dem Scharfsinn und  der Phantasie dieser Kranken ein Feld zur Betätigung,  das ihnen nicht leicht ersetzt werden kann. Aus all  den erwähnten Beziehungen resultiert, was uns als  der (sekundäre) Krankheitsgewinn der Neurose  bekannt ist. Er kommt dem Bestreben des Ichs, sich  das Symptom einzuverleiben, zu Hilfe und verstärkt  die Fixierung des letzteren. Wenn wir dann den Ver-  such machen, dem Ich in seinem Kampf gegen das  Symptom analytischen Beistand zu leisten, finden wir  diese versöhnlichen Bindungen zwischen Ich und  Symptom auf der Seite der Widerstände wirksam. Es    26 Sigm. Freud    wird uns nicht leicht gemacht, sie zu lösen. Die beiden  Verfahren, die dasIch gegen das Symptom anwendet,  stehen wirklich in Widerspruch zu einander.   Das andere Verfahren hat weniger freundlichen  Charakter, es setzt die Richtung der Verdrängung  fort. Aber es scheint, daß wir das Ich nicht mit dem  Vorwurf der Inkonsequenz belasten dürfen. Das Ich ist  friedfertig und möchte sich das Symptom einverleiben,  es in sein Ensemble aufnehmen. Die Störung geht  vom Symptom aus, das als richtiger Ersatz und  Abkömmling der verdrängten Regung deren Rolle  weiterspielt, deren Befriedigungsanspruch immer wieder  erneuert und so das Ich nötigt, wiederum das Unlust-  signal zu geben und sich zur Wehre zu setzen.   Der sekundäre Abwehrkampf gegen das Symptom  ist vielgestaltig, spielt sich auf verschiedenen Schau-  plätzen ab und bedient sich mannigfaltiger Mittel.  Wir werden nicht viel über ihn aussagen können, wenn  wir nicht die einzelnen Fälle der Symptombildung  zum Gegenstand der Untersuchung nehmen. Dabei  werden wir Anlaß finden, auf das Problem der Angst  einzugehen, das wir längst wie im Hintergrunde lauernd  verspüren. Es empfiehlt sich, von den Symptomen,  welche die hysterische Neurose schafft, auszugehen;  auf die Voraussetzungen der Symptombildung bei der  Zwangsneurose, Paranoia und anderen Neurosen sind  wir noch nicht vorbereitet.       IV    Der erste Fall, den wir betrachten, sei der einer  infantilen hysterischen Tierphobie, also z.B. der gewifs  in allen Hauptzügen typische Fall der Pferdephobie  des ‚Kleinen Hans‘. Schon der erste Blick läßt uns  erkennen, daß die Verhältnisse eines realen Falles  von neurotischer Erkrankung weit komplizierter sind  als unsere Erwartung, solange wir mit Abstraktionen  arbeiten, sich vorstellt. Es gehört einige Arbeit dazu,  sich zu orientieren, welches die verdrängte Regung,  was ihr Symptomersatz ist, wo das Motiv der Ver-  drängung kenntlich wird.   Der kleine Hans weigert sich, auf die Straße zu  gehen, weil er Angst vor dem Pferd hat. Dies ist  der Rohstoff. Was ist nun daran das Symptom: die  Angstentwicklung, die Wahl des Angstobjekts, oder  der Verzicht auf die freie Beweglichkeit, oder mehreres  davon zugleich? Wo ist die Befriedigung, die er sich  versagt? Warum muß er sich diese versagen?    1) Siehe: Analyse der Phobie eines fünfjährigen Knaben. (Ges.  Schriften, Bd. VII.)    28 Siem. Freud       Es liegt nahe zu antworten, an dem Falle sei  nicht so viel rätselhaft. Die unverständliche Angst  vor dem Pferd ist das Symptom, die Unfähigkeit, auf  die Straße zu gehen, ist eine Hemmungserscheinung,  eine Einschränkung, die sich das Ich auferlegt, um  nicht das Angstsymptom zu wecken. Man sieht ohne  weiteres die Richtigkeit der Erklärung des letzten  Punktes ein und wird nun diese Hemmung bei der  weiteren Diskussion außer Betracht lassen. Aber die  erste flüchtige Bekanntschaft mit dem Falle lehrt uns  nicht einmal den wirklichen Ausdruck des vermeint-  lichen Symptoms kennen. Es handelt sich, wie wir  bei genauerem Verhör erfahren, gar nicht um eine  unbestimmte Angst vor dem Pferd, sondern um die  bestimmte ängstliche Erwartung: das Pferd werde ihn  beifsen. Allerdings sucht sich dieser Inhalt dem Bewußt-  sein zu entziehen und sich durch die unbestimmte  Phobie, in der nur noch die Angst und ihr Objekt  vorkommen, zu ersetzen. Ist nun etwa dieser Inhalt  der Kern des Symptoms?   Wir kommen keinen Schritt weiter, so lange  wir nicht die ganze psychische Situation des Kleinen  in Betracht ziehen, wie sie uns während der  analytischen Arbeit enthüllt wird. Er befindet sich  in der eifersüchtigen und feindseligen Ödipusein-  stellung zu seinem Vater, den er doch, so weit die  Mutter nicht als Ursache der Entzweiung in Betracht  kommt, herzlich liebt. Also ein Ambivalenzkonflikt,    Hemmung, Symptom und Angst 29    gut begründete Liebe und nicht minder berech-  tigter Haß, beide auf dieselbe Person gerichtet.  Seine Phobie muß ein Versuch zur Lösung dieses  Konflikts sein. Solche Ambivalenzkonflikte sind sehr  häufig, wir kennen einen anderen typischen Ausgang  derselben. Bei diesem wird die eine der beiden mit-  einander ringenden Regungen, in der Regel die zärt-  liche, enorm verstärkt, die andere verschwindet. Nur  das Übermaß und das Zwangsmäßige der Zärtlichkeit  verrät uns, daf3 diese Einstellung nicht die einzig  vorhandene ist, daß sie ständig auf der Hut ist, ihr  Gegenteil in Unterdrückung zu halten, und läßt uns  einen Hergang konstruieren, den wir als Verdrängung  durch Reaktionsbildung (im Ich) beschreiben.  Fälle wie der kleine Hans zeigen nichts von solcher  Reaktionsbildung; es gibt offenbar verschiedene Wege,  die aus einem Ambivalenzkonflikt herausführen.  Etwas anderes haben wir unterdes mit Sicherheit  erkannt. Die Triebregung, die der Verdrängung unter-  liegt, ist ein feindseliger Impuls gegen den Vater.  Die Analyse lieferte uns den Beweis hiefür, während  sie der Herkunft der Idee des beifßenden Pferdes  nachspürte. Hans hat ein Pferd fallen gesehen, einen  Spielkameraden fallen und sich verletzen, mit dem er  „Pferd“ gespielt hatte. Sie hat uns das Recht  gegeben, bei Hans eine Wunschregung zu konstruieren,  die gelautet hat, der Vater möge hinfallen, sich  beschädigen wie das Pferd und der Kamerad. Be-    30 Siem. Ireud    ziehungen zu einer beobachteten Abreise lassen ver-  muten, daß der Wunsch nach der Beseitigung des  Vaters auch minder zaghaften Ausdruck gefunden  hat. Ein solcher Wunsch ist aber gleichwertig mit  der Absicht, ihn selbst zu beseitigen, mit der mör-  derischen Regung des Ödipuskomplexes.   Von dieser verdrängten Triebregung führt bis jetzt  kein Weg zu dem Ersatz für sie, den wir in der  Pferdephobie vermuten. Vereinfachen wir nun die  psychische Situation des kleinen Hans, indem wir  das infantile Moment und die Ambivalenz wegräumen;  er sei etwa ein jüngerer Diener in einem Haushalt,  der in die Herrin verliebt ist und sich gewisser  Gunstbezeugungen von ihrer Seite erfreue. Erhalten  bleibt, dafß er den stärkeren Hausherrn haßt und ihn  beseitigt wissen möchte; dann ist es die natürlichste  Folge dieser Situation, daß er die Rache dieses Herrn  fürchtet, daß sich bei ihm ein Zustand von Angst vor  diesem einstellt — ganz ähnlich wie die Phobie des  kleinen Hans vor dem Pferd. Das heißt, wir können  die Angst dieser Phobie nicht als Symptom bezeichnen;  wenn der kleine Hans, der in seine Mutter verliebt  ist, Angst vor dem Vater zeigen würde, hätten wir  kein Recht, ihm eine Neurose, eine Phobie, zuzu-  schreiben. Wir hätten eine durchaus begreifliche  affektive Reaktion vor uns. Was diese zur Neurose  macht, ist einzig und allein ein anderer Zug, die  Ersetzung des Vaters durch das Pferd. Diese Ver-    AHemmung, Symptom und Angst 31    schiebung stellt also das her, was auf den Namen  eines Symptoms Anspruch hat. Sie ist jener andere  Mechanismus, der die Erledigung des Ambivalenz-  konflikts ohne die Hilfe der Reaktionsbildung gestattet.  Ermöglicht oder erleichtert wird sie durch den Um-  stand, daß die mitgeborenen Spuren totemistischer  Denkweise in diesem zarten Alter noch leicht zu  beleben sind. Die Kluft zwischen Mensch und Tier  ist noch nicht anerkannt, gewif3 nicht so überbetont  wie später. Der erwachsene, bewunderte, aber auch  gefürchtete Mann steht noch in einer Reihe mit dem  großen Tier, das man um so vielerlei beneidet, vor  dem man aber auch gewarnt worden ist, weil es  gefährlich werden kann. Der Ambivalenzkonflikt wird  also nicht an derselben Person erledigt, sondern gleich-  sam umgangen, indem man einer seiner Regungen  eine andere Person als Ersatzmann unterschiebt.  Soweit sehen wir ja klar, aber in einem anderen  Punkte hat uns die Analyse der Phobie des kleinen  Hans eine volle Enttäuschung gebracht. Die Entstellung,  in der die Symptombildung besteht, wird gar nicht  an der Repräsentanz (dem Vorstellungsinhalt) der zu  verdrängenden Triebregung vorgenommen, sondern  an einer davon ganz verschiedenen, die nur einer  Reaktion auf das eigentlich Unliebsame entspricht.  Unsere Erwartung fände eher Befriedigung, wenn  der kleine Hans an Stelle seiner Angst vor dem  Pferd eine Neigung entwickelt hätte, Pferde zu mißs-    32 Siem. Freud    handeln, sie zu schlagen, oder deutlich seinen Wunsch  kundgegeben hätte, zu sehen, wie sie hinfallen, zu  Schaden kommen, eventuell unter Zuckungen verenden  (das Krawallmachen mit den Beinen). Etwas der Art  tritt auch wirklich während seiner Analyse auf, aber  es steht lange nicht voran in der Neurose und  — sonderbar — wenner wirklich solche Feindseligkeit,  nur gegen das Pferd, anstatt gegen den Vater gerichtet,  als Hauptsymptom entwickelt hätte, würden wir gar  nicht geurteilt haben, er befinde sich in einer Neurose.  Etwas ist also da nicht in Ordnung, entweder an  unserer Auffassung der Verdrängung oder in unserer  Definition eines Symptoms. Eines fällt uns natürlich sofort  auf: Wenn der kleine Hans wirklich ein solches Ver-  halten gegen Pferde gezeigt hätte, so wäre ja der  Charakter der anstößigen, aggressiven Triebregung  durch die Verdrängung gar nicht verändert, nur deren  Objekt gewandelt worden.   Es ist ganz sicher, daß es Fälle von Verdrängung  gibt, die nicht mehr leisten als dies; bei der Genese  der Phobie des kleinen Hans ist aber mehr geschehen.  Um wieviel mehr, erraten wir aus einem anderen  Stück Analyse.   Wir haben bereits gehört, daß der kleine Hans  als den Inhalt seiner Phobie die Vorstellung angab,  vom Pferd gebissen zu werden. Nun haben wir.später  Einblick in die Genese eines anderen Falles von Tier-  phobie bekommen, in der der Wolf das Angsttier war,    Femmung, Symptom und Angst 38       aber gleichfalls die Bedeutung eines Vaterersatzes hatte."  Im Anschluß an einen Traum, den die Analyse durch-  sichtig machen konnte, entwickelte sich bei diesem  Knaben die Angst, vom Wolf gefressen zu werden,  wie eines der sieben Geifjlein im Märchen. Daß der  Vater des kleinen Hans nachweisbar ‚‚Pferdl‘‘ mit ihm  gespielt hatte, war gewiß bestimmend für die Wahl  des Angsttieres geworden; ebenso lief3 sich wenigstens  sehr wahrscheinlich machen, daf3 der Vater meines  erst im dritten Jahrzehnt analysierten Russen in den  Spielen mit dem Kleinen den Wolf gemimt und  scherzend mit dem Auffressen gedroht hatte. Seither  habe ich als dritten Fall einen jungen Amerikaner  gefunden, bei dem sich zwar keine Tierphobie aus-  bildete, der aber gerade durch diesen Ausfall die  anderen Fälle verstehen hilft. Seine sexuelle Erregung  hatte sich an einer phantastischen Kindergeschichte  entzündet, die man ihm vorlas, von einem arabischen  Häuptling, der einer aus eßbarer Substanz bestehenden  Person (dem Gäingerbreadman), nachjagt, um ihn zu  verzehren. Mit diesem eßbaren Menschen identifizierte  er sich selbst, der Häuptling war als Vaterersatz  leicht kenntlich und diese Phantasie wurde die erste  Unterlage seiner autoerotischen Betätigung. Die Vor-  stellung, vom Vater gefressen zu werden, ist aber  typisches uraltes Kindergut; die Analogien aus der  Bd. VIIL)    Freud: Hemmung, Symptom und Angst       34 Siem. Freud    Mythologie (Kronos) und dem Tierleben sind allgemein  bekannt.   Trotz solcher Erleichterungen ist dieser Vorstellungs-  inhalt uns so fremdartig, daß wir ihn dem Kinde nur  ungläubig zugestehen können. Wir wissen auch nicht,  ob er wirklich das bedeutet, was er auszusagen scheint,  und verstehen nicht, wie er Gegenstand einer Phobie  werden kann. Die analytische Erfahrung gibt uns aller-  dings die erforderlichen Auskünfte. Sie lehrt uns, daß  die Vorstellung, vom Vater gefressen zu werden, der  regressiv erniedrigte Ausdruck für eine passive zärtliche  Regung ist, die vom Vater als Objekt im Sinne der  Genitalerotik geliebt zu werden begehrt. Die Ver-  folgung der Geschichte des Falles läßt keinen Zweifel  an der Richtigkeit dieser Deutung aufkommen. Die  genitale Regung verrät freilich nichts mehr von ihrer  zärtlichen Absicht, wenn sie in der Sprache der  überwundenen Übergangsphase von der oralen zur  sadistischen Libidoorganisation ausgedrückt wird.  Handelt es sich übrigens nur um eine Ersetzung der  Repräsentanz durch einen regressiven Ausdruck oder  um eine wirkliche regressive Erniedrigung der genital-  gerichteten Regung im Es? Das scheint gar nicht  so leicht zu entscheiden. Die Krankengeschichte des  russischen „Wolfsmannes“ spricht ganz entschieden  für die letztere ernstere Möglichkeit, denn er benimmt  sich von dem entscheidenden Traum an „schlimm“,  quälerisch, sadistisch und entwickelt bald darauf eine    Hemmung, Symptom und Angst 55    richtige Zwangsneurose. Jedenfalls gewinnen wir die  Einsicht, daf3 die Verdrängung nicht das einzige Mittel  ist, das dem Ich zur Abwehr einer unliebsamen Trieb-  regung zu (sebote steht. Wenn es ihm gelingt, den  Trieb zur Regression zu bringen, so hat es ihn im  Grunde energischer beeinträchtigt, als durch die Ver-  drängung möglich wäre. Allerdings läßt es manchmal  der zuerst erzwungenen Regression die Verdrängung  folgen. |   Der Sachverhalt beim Wolfsmann und der etwas  einfachere beim kleinen Hans regen noch mancherlei  andere Überlegungen an, aber zwei unerwartete Ein-  sichten gewinnen wir schon jetzt. Kein Zweifel, die  bei diesen Phobien verdrängte Triebregung ist eine  feindselige gegen den Vater. Man kann sagen, sie wird  verdrängt durch den Prozeß der Verwandlung ins  Gegenteil; an Stelle der Aggression gegen den Vater  tritt die Aggression — die Rache — des Vaters gegen  die eigene Person. Da eine solche Aggression ohne-  dies in der sadistischen Libidophase wurzelt, bedarf  sie nur noch einer gewissen Erniedrigung zur oralen  Stufe, die bei Hans durch das Gebissenwerden ange-  deutet, beim Russen aber im Gefressenwerden grell  ausgeführt ist. Aber außerdem läßt ja die Analyse  über jeden Zweifel gesichert feststellen, daß gleich-  zeitig noch eine andere Triebregung der Verdrängung  erlegen ist, die gegensinnige einer zärtlichen passiven  Regung für den Vater, die bereits das Niveau der    3%    36 Siem. Freud    genitalen (phallischen) Libidoorganisation erreicht hatte.  Die letztere scheint sogar die für das Endergebnis  des Verdrängungsvorganges bedeutsamere zu sein, sie  erfährt die weitergehende Regression, sie erhält den  bestimmenden Einfluß auf den Inhalt der Phobie. Wo  wir also nur einer Triebverdrängung nachgespürt  haben, müssen wir das Zusammentreffen von zwei  solchen Vorgängen anerkennen; die beiden betroffenen  Triebregungen — sadistische Aggression gegen den  Vater und zärtlich passive Einstellung zu ihm — bilden  ein (Gegensatzpaar, ja noch mehr: wenn wir die  Geschichte des kleinen Hans richtig würdigen, erkennen  wir, daß durch die Bildung seiner Phobie auch die  zärtliche Objektbesetzung der Mutter aufgehoben  worden ist, wovon der Inhalt der Phobie nichts verrät.  Es handelt sich bei Hans — beim Russen ist das weit  weniger deutlich — um einen Verdrängungsvorgang,  der fast alle Komponenten des Ödipuskomplexes betrifft,  die feindliche wie die zärtliche Regung gegen den Vater  und die zärtliche für die Mutter.   Das sind unerwünschte Komplikationen für uns, die  wir nur einfache Fälle von Symptombildung infolge  von Verdrängung studieren wollten und uns in dieser  Absicht an die frühesten und anscheinend durch-  sichtigsten Neurosen der Kindheit gewendet hatten.  Anstatt einer einzigen Verdrängung fanden wir eine  Häufung von solchen vor und überdies bekamen wir  es mit der Regression zu tun. Vielleicht haben wir       FAemmung, Symptom und Angst 3%    ——    die Verwirrung dadurch gesteigert, daß wir die beiden  verfügbaren Analysen von Tierphobien — die des  kleinen Hans und des Wolfsmannes — durchaus auf  denselben Leisten schlagen wollten. Nun fallen uns  gewisse Unterschiede der beiden auf. Nur vom kleinen  Hans kann man mit Bestimmtheit aussagen, daß er  durch seine Phobie die beiden Hauptregungen des  Ödipuskomplexes, die aggressive gegen den Vater  und die überzärtliche gegen die Mutter, erledigt; die  zärtliche für den Vater ist gewif) auch vorhanden, sie  spielt ihre.Rolle bei der Verdrängung ihres Gegensatzes,  aber es ist weder nachweisbar, daß sie stark genug  war, um eine Verdrängung zu provozieren, noch dafs  sie nachher aufgehoben ist. Hans scheint eben ein  normaler Junge mit sog. „positivem‘‘ Ödipuskomplex  gewesen zu sein. Möglich, daß die Momente, die wir  vermissen, auch bei ihm mittätig waren, aber wir  können sie nicht aufzeigen, das Material selbst unserer  eingehendsten Analysen ist eben lückenhaft, unsere  Dokumentierung unvollständig. Beim Russen ist der  Defekt an anderer Stelle; seine Beziehung zum weib-  lichen Objekt ist durch eine frühzeitige Verführung  gestört worden, die passive, feminine Seite ist bei  ihm stark ausgebildet und die Analyse seines Wolfs-  traumes enthüllt wenig von beabsichtigter Aggression  gegen den Vater, erbringt dafür die unzweideutigsten  Beweise, daß die Verdrängung die passive, zärtliche  Einstellung zum Vater betrifft. Auch hier mögen die       38 Siem. Freud    anderen Faktoren beteiligt gewesen sein, sie treten  aber nicht vor. Wenn trotz dieser Unterschiede der  beiden Fälle, die sich nahezu einer Gegensätzlichkeit  nähern, der Enderfolg der Phobie nahezu der nämliche  ist, so muß uns die Erklärung dafür von anderer Seite  kommen; sie kommt von dem zweiten Ergebnis unserer  kleinen vergleichenden Untersuchung. Wir glauben  den Motor der Verdrängung in beiden Fällen zu kennen  und sehen seine Rolle durch den Verlauf bestätigt,  den die Entwicklung der zwei Kinder nimmt. Er ist  in beiden Fällen der nämliche, die Angst vor einer  drohenden Kastration. Aus Kastrationsangst gibt der  kleine Hans die Aggression gegen den Vater auf; seine  Angst, das Pferd werde ihn beißen, kann zwanglos ver-  vollständigt werden, das Pferd werde ihm das Genitale  abbeißßen, ihn kastrieren. Aber aus Kastrationsangst  verzichtet auch der kleine Russe auf den Wunsch,  vom Vater als Sexualobjekt geliebt zu werden, denn  er hat verstanden, eine solche Beziehung hätte zur  Voraussetzung, daß er sein Genitale aufopfert, das,  was ihn vom Weib unterscheidet. Beide Gestaltungen  des Ödipuskomplexes, die normale, aktive, wie die  invertierte, scheitern ja am Kastrationskomplex. Die  Angstidee des Russen, vom Wolf gefressen zu werden,  enthält zwar keine Andeutung der Kastration, sie  hat sich durch orale Regression zu weit von der  phallischen Phase entfernt, aber die Analyse seines  Traumes macht jeden anderen Beweis überflüssig.       AHemmung, Symptom und Angst 39    Es ist auch ein voller Triumph der Verdrängung,  daß im Wortlaut der Phobie nichts mehr auf die  Kastration hindeutet.   Hier nun das unerwartete Ergebnis: In beiden  Fällen ist der Motor der Verdrängung die Kastrations-  angst; die Angstinhalte, vom Pferd gebissen und vom  Wolf gefressen zu werden, sind Entstellungsersatz für  den Inhalt, vom Vater kastriert zu werden. Dieser  Inhalt ist es eigentlich, der die Verdrängung an sich  erfahren hat. Beim Russen war er Ausdruck eines  Wunsches, der gegen die Auflehnung der Männlich-  keit nicht bestehen konnte, bei Hans Ausdruck einer  Reaktion, welche die Aggression in ihr Gegenteil  umwandelte. Aber der Angstaffekt der Phobie, der  ihr Wesen ausmacht, stammt nicht aus dem Ver-  drängungsvorgang, nicht aus den libidinösen Besetzungen  der verdrängten Regungen, sondern aus dem Ver-  drängenden selbst; die Angst der Tierphobie ist die  unverwandelte Kastrationsangst, also eine Realangst,  Angst vor einer wirklich drohenden oder als real  beurteilten Gefahr. Hier macht die Angst die Ver-  drängung, nicht, wie ich früher gemeint habe, die Ver-  drängung die Angst.   Es ist nicht angenehm, daran zu denken, aber es  hilft nichts, es zu verleugnen, ich habe oftmals den  Satz vertreten, durch die Verdrängung werde die  Triebrepräsentanz entstellt, verschoben u. dgl., die  Libido der Triebregung aber in Angst verwandelt.    40 Siem. Freud    Die Untersuchung der Phobien, die vor allem berufen  sein sollte, diesen Satz zu erweisen, bestätigt ihn also  nicht, sie scheint ihm vielmehr direkt zu widersprechen.  Die Angst der Tierphobien ist die Kastrationsangst  des Ichs, die der weniger gründlich studierten Agora-  phobie scheint Versuchungsangst zu sein, die ja gene-  tisch mit der Kastrationsangst zusammenhängen muß.  Die meisten Phobien gehen, so weit wir es heute  übersehen, auf eine solche Angst des Ichs vor den  Ansprüchen der Libido zurück. Immer ist dabei die  Angsteinstellung des Ichs das Primäre und der Antrieb  zur Verdrängung. Niemals geht die Angst aus der  verdrängten Libido hervor. Wenn ich mich früher  begnügt hätte zu sagen, nach der Verdrängung er-  scheint an Stelle der zu erwartenden Äußerung von  Libido ein Maß von Angst, so hätte ich heute  nichts zurückzunehmen. Die Beschreibung ist richtig  und zwischen der Stärke der zu verdrängenden  Regung und der Intensität der resultierenden Angst  besteht wohl die behauptete Entsprechung. Aber  ich gestehe, ich glaubte mehr als eine bloße Be-  schreibung zu geben, ich nahm an, daß ich den  metapsychologischen Vorgang einer direkten Um-  setzung der Libido in Angst erkannt hatte; das kann  ich also heute nicht mehr festhalten. Ich konnte auch  früher nicht angeben, wie sich eine solche Umwandlung  vollzieht.    Woher schöpfte ich überhaupt die Idee dieser    Aemmung, Symptom und Angst 41    Umsetzung? Zur Zeit, als es uns noch sehr ferne lag,  zwischen Vorgängen im Ich und Vorgängen im Es zu  unterscheiden, aus dem Studium der Aktualneurosen.  Ich fand, daß bestimmte sexuelle Praktiken, wie Coitus  interruptus, frustrane Erregung, erzwungene Abstinenz  Angstausbrüche und eine allgemeine Angstbereitschaft  erzeugen, also immer, wenn die Sexualerregung in  ihrem Ablauf zur Befriedigung gehemmt, aufgehalten  oder abgelenkt wird. Da die Sexualerregung der Aus-  druck libidinöser Triebregungen ist, schien es nicht  gewagt, anzunehmen, daf die Libido sich durch die  Einwirkung solcher Störungen in Angst verwandelt.  Nun ist diese Beobachtung auch heute noch gültig;  anderseits ist nicht abzuweisen, daß die Libido der  Es-Vorgänge durch die Anregung der Verdrängung eine  Störung erfährt; es kann also noch immer richtig sein,  daß sich bei der Verdrängung Angst aus der Libido-  besetzung der Triebregungen bildet. Aber wie soll  man dieses Ergebnis mit dem anderen zusammen-  bringen, daß die Angst der Phobien eine Ich-Angst ist,  im Ich entsteht, nicht aus der Verdrängung hervor-  geht, sondern die Verdrängung hervorruft? Das scheint  ein Widerspruch und nicht einfach zu lösen. Die  Reduktion der beiden Ursprünge der Angst auf einen  einzigen läft sich nicht leicht durchsetzen. Man kann  es mit der Annahme versuchen, daß das Ich in der  Situation des gestörten Koitus, der unterbrochenen  Erregung, der Abstinenz, Gefahren wittert, auf die es       42 Siem. Freud    mit Angst reagiert, aber es ist nichts damit zu machen.  Anderseits scheint die Analyse der Phobien, die wir  vorgenommen haben, eine Berichtigung nicht zuzu-  lassen. Von liguet!    V    Wir wollten die Symptombildung und den sekun-  dären Kampf des Ichs gegen das Symptom studieren,  aber wir haben offenbar mit der Wahl der Phobien  keinen glücklichen Griff getan. Die Angst, welche im  Bild dieser Affektionen vorherrscht, erscheint uns nun  als eine den Sachverhalt verhüllende Komplikation. Es  gibt reichlich Neurosen, bei denen sich nichts von  Angst zeigt. Die echte Konversionshysterie ist von  solcher Art, deren schwerste Symptome ohne Bei-  mengung von Angst gefunden werden. Schon diese  Tatsache müßte uns warnen, die Beziehungen zwischen  Angst und Symptombildung nicht allzu fest zu knüpfen.  Den Konversionshysterien stehen die Phobien sonst so  nahe, daß ich mich für berechtigt gehalten habe,  ihnen diese als ‚Angsthysterie anzureihen. Aber  niemand hat noch die Bedingung angeben können,  die darüber entscheidet, ob ein Fall die Form einer  Konversionshysterie oder einer Phobie annimmt, niemand  also die Bedingung der Angstentwicklung bei der  Hysterie ergründet.       44 Siem. Freud    Die häufigsten Symptome der Konversionshysterie,  eine motorische Lähmung, Kontraktur oder unwillkür-  liche Aktion oder Entladung, ein. Schmerz, eine Hallu-  zination, sind entweder permanent festgehaltene oder  intermittierende Besetzungsvorgänge, was der Erklärung  neue Schwierigkeiten bereitet. Man weiß eigentlich  nicht viel über solche Symptome zu sagen. Durch die  Analyse kann man erfahren, welchen gestörten  Erregungsablauf sie ersetzen. Zumeist ergibt sich, daß  sie selbst einen Anteil an diesem haben, so als ob  sich die gesamte Energie desselben auf dies eine  Stück konzentriert hätte. Der Schmerz war in der  Situation, in welcher die Verdrängung vorfiel, vor-  handen; die Halluzination war damals Wahrnehmung,  die motorische Lähmung ist die Abwehr einer Aktion,  die in jener Situation hätte ausgeführt werden sollen,  aber gehemmt wurde, die Kontraktur gewöhnlich eine  Verschiebung für eine damals intendierte Muskel-  innervation an anderer Stelle, der Krampfanfall Aus-  druck eines Affektausbruches, der sich der normalen  Kontrolle des Ichs entzogen hat. In ganz auffälligem  Maße wechselnd ist die Unlustempfindung, die das  Auftreten der Symptome begleitet. Bei den perma-  nenten, auf die Motilität verschobenen Symptomen,  wie Lähmungen und Kontrakturen, fehlt sie meistens  gänzlich, das Ich verhält sich gegen sie wie unbe-  teiligt; bei den intermittierenden und den Symptomen  der sensorischen Sphäre werden in der Regel deut-       Femmung, Symptom und Angst 45    ——.    liche Unlustempfindungen verspürt, die sich im Falle  des Schmerzsymptoms zu exzessiver Höhe steigern  können. Es ist sehr schwer, in dieser Mannigfaltigkeit  das Moment herauszufinden, das solche Differenzen  ermöglicht und sie doch einheitlich erklären läßt. Auch  vom Kampf des Ichs gegen das einmal gebildete  Symptom ist bei der Konversionshysterie wenig zu  merken. Nur wenn die Schmerzempfindlichkeit einer  Körperstelle zum Symptom geworden ist, wird diese  in den Stand gesetzt, eine Doppelrolle zu spielen.  Das Schmerzsymptom tritt ebenso sicher auf, wenn  diese Stelle von außen berührt wird, wie wenn die  von ihr vertretene pathogene Situation von innen her  assoziativ aktiviert wird, und das Ich ergreift Vor-  sichtsmaßregeln, um die Erweckung des Symptoms  durch äußere Wahrnehmung hintanzuhalten. Woher  die besondere Undurchsichtigkeit der Symptombildung  bei der Konversionshysterie rührt, können wir nicht  erraten, aber sie gibt uns ein Motiv, das unfrucht-  bare Gebiet bald zu verlassen.   Wir wenden uns zur Zwangsneurose in der  Erwartung, hier mehr über die Symptombildung zu  erfahren. Die Symptome der Zwangsneurose sind im  allgemeinen von zweierlei Art und entgegengesetzter  Tendenz. Es sind entweder Verbote, Vorsichtsmaß-  regeln, Bußen, also negativer Natur, oder im Gegen-  teil Ersatzbefriedigungen, sehr häufig in symbolischer  Verkleidung. Von diesen zwei Gruppen ist die nega-    46 Siem. Freud    ———    tive, abwehrende, strafende, die ältere; mit der Dauer  des Krankseins nehmen aber die aller Abwehr spotten-  den Befriedigungen überhand. Es ist ein Triumph der  Symptombildung, wenn es gelingt, das  Verbot mit der  Befriedigung zu verquicken, so daß das ursprünglich  abwehrende Gebot oder Verbot auch die Bedeutung  einer Befriedigung bekommt, wozu oft sehr künstliche  Verbindungswege in Anspruch genommen werden. In  dieser Leistung zeigt sich die Neigung zur Synthese,  die wir dem Ich bereits zuerkannt haben. In extremen  Fällen bringt es der Kranke zustande, daß die meisten  seiner Symptome zu ihrer ursprünglichen Bedeutung  auch die des direkten Gegensatzes erworben haben,  ein Zeugnis für die Macht der Ambivalenz, die, wir  wissen nicht warum, in der Zwangsneurose eine so  große Rolle spielt. Im rohesten Fall ist das Symptom  zweizeitig, d. h. auf die Handlung, die eine gewisse  Vorschrift ausführt, folgt unmittelbar eine zweite, die  sie aufhebt oder rückgängig macht, wenngleich sie  noch nicht wagt, ihr Gegenteil auszuführen.   Zwei Eindrücke ergeben sich sofort aus dieser  flüchtigen Überschau der Zwangssymptome. Der erste,  daß hier ein fortgesetzter Kampf gegen das Ver-  drängte unterhalten wird, der sich immer mehr zu  ungunsten der verdrängenden Kräfte wendet, und  zweitens, daß Ich und Über-Ich hier einen besonders  großen Anteil an der Symptombildung nehmen.   Die Zwangsneurose ist wohl das interessanteste       Femmung, Symptom und Angst Ay    und dankbarste Objekt der analytischen Untersuchung,  aber noch immer als Problem unbezwungen. Wollen  wir in ihr Wesen tiefer eindringen, so müssen wir  eingestehen, daß unsichere Annahmen und unbe-  wiesene Vermutungen noch nicht entbehrt werden  können. Die Ausgangssituation der Zwangsneurose ist  wohl keine andere als die der Hysterie, die not-  wendige Abwehr der libidinösen Ansprüche des Ödipus-  komplexes. Auch scheint sich bei jeder Zwangsneurose  eine unterste Schicht sehr früh gebildeter hysterischer  Symptome zu finden. Dann aber wird die weitere  Gestaltung durch einen konstitutionellen Faktor ent-  scheidend verändert. Die genitale Organisation der  Libido erweist sich als schwächlich und zu wenig  resistent. Wenn das Ich sein Abwehrstreben beginnt,  so erzielt es als ersten Erfolg, daf3 die Genitalorgani-  sation (der phallischen Phase) ganz oder teilweise auf  die frühere sadistisch-anale Stufe zurückgeworfen wird.  Diese Tatsache der Regression bleibt für alles folgende  bestimmend.   Man kann noch eine andere Möglichkeit in  Erwägung ziehen. Vielleicht ist die Regression nicht  die Folge eines konstitutionellen, sondern eines zeit-  lichen Faktors. Sie wird nicht darum ermöglicht  werden, weil die Genitalorganisation der Libido zu  schwächlich geraten, sondern weil das Sträuben des  Ichs zu frühzeitig, noch während der Blüte der sadi-  stischen Phase eingesetzt hat. Einer sicheren Ent-    48 Siem. Freud    scheidung getraue ich mich auch in diesem Punkte  nicht, aber die analytische Beobachtung begünstigt  diese Annahme nicht. Sie zeigt eher, dafs bei der  Wendung zur Zwangsneurose die phallische Stufe  bereits erreicht ist. Auch ist das Lebensalter für den  Ausbruch dieser Neurose ein späteres als das der  Hysterie (die zweite Kindheitsperiode, nach dem  Termin der Latenzzeit), und in einem Fall von sehr  später Entwicklung dieser Affektion, den ich studieren  konnte, ergab es sich klar, daß eine reale Entwertung  des bis dahin intakten Genitallebens die Bedingung  für die Regression und die Entstehung der Zwangs-  neurose schuf."   Die metapsychologische Erklärung der Regression  suche ich in einer „Triebentmischung“, in der Ab-  sonderung der erotischen Komponenten, die mit  Beginn der genitalen Phase zu den destruktiven  Besetzungen der sadistischen Phase hinzugetreten waren.   Die Erzwingung der Regression bedeutet den  ersten Erfolg des Ichs im Abwehrkampf gegen den  Anspruch der Libido. Wir unterscheiden hier zweck-  mäßig die allgemeinere Tendenz der „Abwehr“ von  der „Verdrängung“, die nur einer der Mechanismen  ist, deren sich die Abwehr bedient. Vielleicht noch  klarer als bei normalen und hysterischen Fällen erkennt  man bei der Zwangsneurose als den Motor der Abwehr  Be an    2 n S. Die Disposition zur Zwangsneurose. (Ges. Schriften,    FHemmung, Symptom und Angst 49    den Kastrationskomplex, als das Abgewehrte die  Strebungen des Ödipuskomplexes. Wir befinden uns  nun zu Beginn der Latenzzeit, die durch den Unter-  gang des Ödipuskomplexes, die Schöpfung oder Kon-  solidierung des Über-Ichs und die Aufrichtung der  ethischen und ästhetischen Schranken im Ich gekenn-  zeichnet ist. Diese Vorgänge gehen bei der Zwangs-  neurose über das normale Maß hinaus; zur Zerstörung  des Ödipuskomplexes tritt die regressive Erniedrigung  der Libido hinzu, das Über-Ich wird besonders strenge  und lieblos, das Ich entwickelt im Gehorsam gegen  das Über-Ich hohe Reaktionsbildungen von Gewissen-  haftigkeit, Mitleid, Reinlichkeit. Mit unerbittlicher,  darum nicht immer erfolgreicher Strenge wird die  Versuchung zur Fortsetzung der frühinfantilen Onanie  verpönt, die sich nun an regressive (sadistisch-anale) Vor-  stellungen anlehnt, aber doch den unbezwungenen Anteil  der phallischen Organisation repräsentiert. Es liegt ein  innerer Widerspruch darin, dafs gerade im Interesse  der Erhaltung der Männlichkeit (Kastrationsangst) jede  Betätigung dieser Männlichkeit verhindert wird, aber  auch dieser Widerspruch wird bei der Zwangsneurose  nur übertrieben, er haftet bereits an der normalen  Art der Beseitigung des Ödipuskomplexes. Wie jedes  Übermaß den Keim zu seiner Selbstaufhebung in  sich trägt, wird sich auch an der Zwangsneurose  bewähren, indem gerade die unterdrückte Onanie  sich in der Form der Zwangshandlungen eine    Freud: Hemmung, Symptom und Angst 4    50 .. Sigm. Freud    immer weiter gehende Annäherung an die Befriedigung  erzwingt.   Die Reaktionsbildungen im Ich der Zwangsneuro-  tiker, die wir als Übertreibungen der normalen Cha-  rakterbildung erkennen, dürfen wir als einen neuen  Mechanismus der Abwehr neben die Regression und  die Verdrängung hinstellen. Sie scheinen bei der  Hysterie zu fehlen oder weit schwächer zu sein.  Rückschauend gewinnen wir so eine Vermutung,  wodurch der Abwehrvorgang. der Hysterie ausge-  zeichnet ist. Es scheint, daß er sich auf die Ver-  drängung einschränkt, indem das Ich sich von der  unliebsamen Triebregung abwendet, sie dem Ablauf  im Unbewußstten überläßt und. an ihren Schicksalen  keinen weiteren Anteil nimmt. So ganz ausschließend  richtig kann das zwar nicht sein, denn wir kennen ja  den Fall, daf$ das hysterische Symptom gleichzeitig  die Erfüllung einer Strafanforderung des Über-Ichs  bedeutet, aber es mag einen allgemeinen Charakter  im Verhalten des Ichs bei der Hysterie beschreiben.   Man kann es einfach als Tatsache hinnehmen, daß  sich bei der Zwangsneurose ein so strenges Über-Ich  bildet, oder man kann daran denken, daß der funda-  mentale Zug dieser Affektion die Libidoregression ist,  und versuchen, auch den Charakter des Über-Ichs  mit ihr zu verknüpfen. In der Tat kann ja das Über-  Ich, das aus dem Es stammt, sich der dort einge-  tretenen Regression und Triebentmischung nicht ent-       Hemmung, Symptom und Angst 51    ziehen. Es wäre nicht zu  verwundern, wenn es  seinerseits härter, quälerischer, liebloser würde als  bei normaler Entwicklung.   Während der Latenzzeit scheint die Abwehr der  ÖOnanieversuchung als Hauptaufgabe behandelt zu  werden. Dieser Kampf erzeugt eine Reihe von Sym-  ptomen, die bei den verschiedensten Personen in  typischer Weise wiederkehren und im allgemeinen  den Charakter des Zeremoniells tragen. Es ist sehr  zu bedauern, daß sie noch nicht gesammelt und  systematisch analysiert worden sind; als früheste  Leistungen der Neurose würden sie über den hier  verwendeten Mechanismus der Symptombildung am  ehesten Licht verbreiten. Sie zeigen bereits die Züge,  welche in einer späteren schweren Erkrankung so  verhängnisvoll hervortreten werden : die Unterbringung  an den Verrichtungen, die später wie automatisch  ausgeführt werden sollen, am Schlafengehen, Waschen  und Ankleiden, an der Lokomotion, die Neigung zur  Wiederholung und zum Zeitaufwand. Warum das so  geschieht, ist noch keineswegs verständlich; die Subli-  mierung analerotischer Komponenten spielt dabei eine  deutliche Rolle. |   Die Pubertät macht in der Entwicklung der   Zwangsneurose einen entscheidenden Abschnitt. Die  in der Kindheit abgebrochene Genitalorganisation setzt  nun mit großer Kraft wieder ein. Wir wissen aber,  daß die Sexualentwicklung der Kinderzeit auch für    4*    52 Sigm. Freud    den Neubeginn der Pubertätsjahre die Richtung vor-  schreibt. Es werden also einerseits die aggressiven  Regungen der Frühzeit wieder erwachen, anderseits  muß ein mehr oder minder großer Anteil der neuen  libidinösen Regungen — in bösen Fällen deren Ganzes  — die durch die Regression vorgezeichneten Bahnen  einschlagen und als aggressive und destruktive Ab-  sichten auftreten. Infolge dieser Verkleidung der  erotischen Strebungen und der starken Reaktions-  bildungen im Ich, wird nun der Kampf gegen die  Sexualität unter ethischer Flagge weitergeführt. Das  Ich sträubt sich verwundert gegen grausame und  gewalttätige Zumutungen, die ihm vom Es her ins  Bewufßstsein geschickt werden, und ahnt nicht, daß es  dabei erotische Wünsche bekämpft, darunter auch  solche, die sonst seinem Einspruch entgangen wären.  Das überstrenge Über-Ich besteht um so energischer  auf der Unterdrückung der Sexualität, da sie so  abstoßende Formen angenommen hat. So zeigt sich  der Konflikt bei der Zwangsneurose nach zwei Rich-  tungen verschärft, das Abwehrende ist intoleranter,  das Abzuwehrende unerträglicher geworden ; beides  durch den Einfluß des einen Moments, der Libido-  regression.   Man könnte einen Widerspruch gegen manche  unserer Voraussetzungen darin finden, daß die unlieb-  same Zwangsvorstellung überhaupt bewußt wird. Allein  es ist kein Zweifel, daß sie vorher den Prozeß der    FHemmung, Symptom und Angst 53    Verdrängung durchgemacht hat. In den meisten ist  der eigentliche Wortlaut der aggressiven Triebregung  dem Ich überhaupt nicht. bekannt. Es gehört ein  gutes Stück analytischer Arbeit dazu, um ihn bewußt  zu machen. Was zum Bewußtsein durchdringt, ist in  der Regel nur ein entstellter Ersatz entweder von  einer verschwommenen, traumhaften Unbestimmtheit,  oder unkenntlich gemacht durch eine absurde Ver-  kleidung. Wenn die Verdrängung nicht den Inhalt  der aggressiven Triebregung angenagt hat, so hat sie  doch gewiß den sie begleitenden Affektcharakter  beseitigt. So erscheint die Aggression dem Ich nicht  als ein Impuls, sondern, wie die Kranken sagen, als  ein bloßer ‚„‚Gedankeninhalt‘, der einen kalt lassen  sollte. Das Merkwürdige ist, daß dies doch nicht der  Fall ist.   Der bei der Wahrnehmung der Zwangsvorstellung  ersparte Affekt kommt nämlich an anderer Stelle zum  Vorschein. Das Über-Ich benimmt sich so, als hätte  keine Verdrängung stattgefunden, als wäre ihm die  aggressive Regung in ihrem richtigen Wortlaut und  mit ihrem vollen Affektcharakter bekannt, und behandelt  das Ich auf Grund dieser Voraussetzung. Das Ich, das  sich einerseits schuldlos weiß, muß anderseits ein  Schuldgefühl verspüren und eine Verantwortlichkeit  tragen, die es sich nicht zu erklären weiß. Das Rätsel,  das uns hiemit aufgegeben wird, ist aber nicht so  groß), als es zuerst erscheint. Das Verhalten des Über-       54 Sigm. Freud    Ichs ist durchaus: verständlich, der Widerspruch im  Ich beweist uns nur, daß es sich mittels der Ver-  drängung gegen das Es verschlossen hat, während es  den Einflüssen aus dem Über-Ich voll zugänglich  geblieben ist.‘ Der weiteren Frage, warum das Ich  sich nicht auch der peinigenden Kritik des Über-Ichs  zu entziehen sucht, macht die Nachricht ein Ende,  daf dies wirklich in einer großen Reihe von Fällen  so geschieht. Es gibt auch Zwangsneurosen ganz ohne  Schuldbewußtsein; soweit wir es verstehen, hat sich  das Ich die Wahrnehmung desselben durch eine neue  Reihe von Symptomen, Bußhandlungen, Einschrän-  kungen zur Selbstbestrafung, erspart. Diese Sym-  ptome bedeuten aber gleichzeitig Befriedigungen ma-  sochistischer Triebregungen, die ebenfalls aus der  Regression eine Verstärkung bezogen haben.   Die Mannigfaltigkeit in den Erscheinungen der  Zwangsneurose ist eine so großartige, daß es noch  keiner Bemühung gelungen ist, eine zusammenhängende  Synthese aller ihrer Variationen zu geben. Man ist  bestrebt, typische Beziehungen herauszuheben und  dabei immer in Sorge, andere nicht minder wichtige  Regelmäßigkeiten zu übersehen.   Die allgemeine Tendenz der Symptombildung bei  der Zwangsneurose habe ich bereits beschrieben. Sie  geht dahin, der Ersatzbefriedigung immer mehr Raum    ı) Vgl. Reik, Geständniszwang und Strafbedürfnis, 1925,  SEHE. u    Femmung, Symptom und Angst 55    auf Kosten der Versagung zu schaffen. Dieselben  Symptome, die ursprünglich Einschränkungen des Ichs  bedeuteten, nehmen dank der Neigung des Ichs zur  Synthese später auch die von Befriedigungen an, und  es ist unverkennbar, daf3 die letztere Bedeutung all-  mählich die wirksamere wird. Ein äußerst einge-  schränktes Ich, das darauf angewiesen ist, seine  Befriedigungen in den Symptomen zu suchen, wird  das Ergebnis dieses Prozesses, der sich immer mehr  dem völligen Fehlschlagen des anfänglichen Abwehr-  strebens nähert. Die Verschiebung des Kräfteverhält-  nisses zugunsten der Befriedigung kann zu dem  gefürchteten Endausgang der Willenslähmung des Ichs  führen, das für jede Entscheidung beinahe ebenso  starke Antriebe von der einen wie von der anderen  Seite findet. Der überscharfe Konflikt zwischen Es  und Über-Ich, der die Affektion von Anfang an  beherrscht, kann sich so sehr ausbreiten, daf keine  der Verrichtungen des zur Vermittlung unfähigen  Ichs der Einbeziehung in diesen Konflikt entgehen  kann. |    VI    Während dieser Kämpfe kann man zwei symptom-  bildende Tätigkeiten des Ichs beobachten, die ein  besonderes Interesse verdienen, weil sie offenbare  Surrogate der Verdrängung sind und darum deren  Tendenz und Technik schön erläutern können. Viel-  leicht dürfen wir auch das Hervortreten dieser Hilfs-  und Ersatztechniken als einen Beweis dafür auffassen,  dafs die Durchführung der regelrechten Verdrängung  auf Schwierigkeiten stößt. Wenn wir erwägen, dafs bei  der Zwangsneurose das Ich soviel mehr Schauplatz  der Symptombildung ist als bei der Hysterie, daß  dieses Ich zähe an seiner Beziehung zur Realität und  zum Bewußtsein festhält und dabei alle seine intellek-  tuellen Mittel aufbietet, ja, daß die Denktätigkeit  überbesetzt, erotisiert, erscheint, werden uns solche  Variationen der Verdrängung vielleicht näher gebracht.   Die beiden angedeuteten Techniken sind das  Ungeschehenmachen und das Isolieren. Die  erstere hat ein großes Anwendungsgebiet und reicht       FHemmung, Symptom und Angst 57    weit zurück. Sie ist sozusagen negative Magie, sie  will durch motorische Symbolik nicht die Folgen  eines Ereignisses (Eindruckes, Erlebnisses), sondern  dieses selbst „wegblasen“. Mit der Wahl dieses  letzten Ausdruckes ist darauf hingewiesen, welche  Rolle diese Technik nicht nur in der Neurose, sondern  auch in den Zauberhandlungen, Volksgebräuchen und  im religiösen Zeremoniell spielt. In der Zwangsneurose  begegnet man dem Ungeschehenmachen zuerst bei  den zweizeitigen Symptomen, wo der zweite Akt den  ersten aufhebt, so, als ob nichts geschehen wäre, wo  in Wirklichkeit beides geschehen ist. Das zwangsneu-  rotische Zeremoniell hat in der Absicht des Unge-  schehenmachens seine zweite Wurzel. Die erste ist  die Verhütung, die Vorsicht, damit etwas Bestimm-  tes nicht geschehe, sich nicht wiederhole. Der Unter-  schied ist leicht zu fassen; die Vorsichtsmafßregeln  sind rationell, die „Aufhebungen‘ durch Ungeschehen-  machen irrationell, magischer Natur. Natürlich muß  man vermuten, daß diese zweite Wurzel die ältere,  aus der animistischen Einstellung zur Umwelt stam-  mende ist. Seine Abschattung zum Normalen findet  das Streben zum Ungeschehenmachen in dem Ent-  schluß ein Ereignis als ‚»on arrive“ zu behandeln,  aber dann unternimmt man nichts dagegen, kümmert  sich weder um das Ereignis noch um seine Folgen,  während man in der Neurose die Vergangenheit  selbst aufzuheben, motorisch zu verdrängen sucht.       58 Siem. Freud    Dieselbe Tendenz kann auch die Erklärung des in  der Neurose so häufigen Zwanges zur Wieder-  holung geben, bei dessen Ausführung sich dann  mancherlei einander widerstreitende Absichten zu-  sammenfinden. Was nicht in solcher Weise geschehen  ist, wie es dem Wunsch gemäß hätte geschehen  sollen, wird durch die Wiederholung in anderer Weise  ungeschehen gemacht, wozu nun alle die Motive hin-  zutreten, bei diesen Wiederholungen zu verweilen. Im  weiteren Verlauf der Neurose enthüllt sich oft die  Tendenz, ein traumatisches Erlebnis ungeschehen zu  machen, als ein symptombildendes Motiv von erstem  Range. Wir erhalten so unerwarteten Einblick in eine  neue, motorische Technik der Abwehr oder, wie wir  hier mit geringerer Ungenauigkeit sagen können, der  Verdrängung.   Die andere der neu zu beschreibenden Techniken  ist das der Zwangsneurose eigentümlich zukommende  Isolieren. Es bezieht sich gleichfalls auf die moto-  rische Sphäre, besteht darin, daß nach einem unlieb-  samen Ereignis, ebenso nach einer im Sinne der Neu-  rose bedeutsamen eigenen Tätigkeit, eine Pause ein-  geschoben wird, in der sich nichts mehr ereignen  darf, keine Wahrnehmung gemacht und keine Aktion  ausgeführt wird. Dies zunächst sonderbare Verhalten  verrät uns bald seine Beziehung. zur Verdrängung.  Wir wissen, bei Hysterie ist es möglich, einen trau-  matischen Eindruck der Amnesie. verfallen zu lassen,    Femmung, Symplom und Angst 59    bei der Zwangsneurose ist dies oft nicht gelungen,  das Erlebnis ist nicht vergessen, aber es ist von  seinem Affekt entblößt und seine assoziativen Bezie-  hungen sind unterdrückt oder unterbrochen, so daß  es wie isoliert dasteht und auch nicht im Verlaufe  der Denktätigkeit reproduziert wird. Der Effekt dieser  Isolierung ist dann der nämliche wie bei der Ver-  drängung mit Amnesie. Diese Technik wird also in  den Isolierungen der Zwangsneurose reproduziert, aber  dabei auch in magischer Absicht motorisch verstärkt.  Was so auseinandergehalten wird, ist gerade das, was  assoziativ zusammengehört, die motorische Isolierung  sol eine Garantie für die Unterbrechung des  Zusammenhanges im Denken geben. Einen Vorwand  für dies Verfahren der Neurose gibt der normale  Vorgang der Konzentration. Was uns bedeutsam als  Eindruck, als Aufgabe erscheint, soll nicht durch  die gleichzeitigen Ansprüche anderer Denkverrichtun-  gen oder Tätigkeiten gestört werden. Aber schon im  Normalen wird die Konzentration dazu verwendet,  nicht nur das Gleichgültige, nicht Dazugehörige, sondern  vor allem das unpassende Gegensätzliche fernzuhalten.  Als das Störendste wird empfunden, was ursprüng-  lich zusammengehört hat und durch den Fortschritt  der Entwicklung auseinandergerissen wurde, z. B. die  Äußerungen der Ambivalenz des Vaterkomplexes in  der Beziehung zu Gott oder die Regungen der Ex-  kretionsorgane in den Liebeserregungen. So hat das    60 Siem. Freud    Ich normalerweise eine große Isolierungsarbeit bei der  Lenkung des Gedankenablaufes zu leisten, und wir  wissen, in der Ausübung der analytischen Technik  müssen wir das Ich dazu erziehen, auf diese sonst  durchaus gerechtfertigte Funktion zeitweilig zu ver-  zichten.   Wir haben alle die Erfahrung gemacht, daß es  dem Zwangsneurotiker besonders schwer wird, die  psychoanalytische Grundregel zu befolgen. Wahr-  scheinlich infolge der hohen Konfliktspannung zwischen  seinem Über-Ich und seinem Es ist sein Ich wach-  samer, dessen Isolierungen schärfer. Es hat während  seiner Denkarbeit zuviel abzuwehren, die Einmengung  unbewußter Phantasien, die Äußerung der ambi-  valenten Strebungen. Es darf sich nicht gehen lassen,  befindet sich fortwährend in Kampfbereitschaft. Diesen  Zwang zur Konzentration und Isolierung unterstützt  es dann durch die magischen Isolierungsaktionen, die  als Symptome so auffällig und praktisch so bedeut-  sam werden, an sich natürlich nutzlos sind und den  Charakter des Zeremoniells haben.   Indem es aber Assoziationen, Verbindung in  Gedanken, zu verhindern sucht, befolgt es eines der  ältesten und fundamentalsten Gebote der Zwangsneu-  rose, das labu der Berührung. \Wenn man sich  die Frage vorlegt, warum die Vermeidung von  Berührung, Kontakt, Ansteckung in der Neurose eine  so große Rolle spielt und zum Inhalt so komplizierter       Femmung, Symptom und Angst 61    Systeme gemacht wird, so findet man die Antwort,  daß die Berührung, der körperliche Kontakt, das  nächste Ziel sowohl der aggressiven wie der zärt-  lichen Objektbesetzung ist. Der Eros will die Berüh-  rung, denn er strebt nach Vereinigung, Aufhebung  der Raumgrenzen zwischen Ich und geliebtem Objekt.  Aber auch die Destruktion, die vor der Erfindung  der Fernwaffe nur aus der Nähe erfolgen konnte,  muß die körperliche Berührung, das Handanlegen,  voraussetzen. Eine Frau berühren ist im Sprach-  gebrauch ein Euphemismus für ihre Benützung als  Sexualobjekt geworden. Das Glied nicht berühren ist  der Wortlaut des Verbotes der autoerotischen Befrie-  digung. Da die Zwangsneurose zu Anfang die ero-  tische Berührung, dann nach der Regression die als  Aggression maskierte Berührung verfolgte, ist nichts  anderes für sie in so hohem Grade verpönt worden,  nichts so geeignet, zum Mittelpunkt eines Verbotsystems  zu werden. Die Isolierung ist aber Aufhebung der  Kontaktmöglichkeit, Mittel, ein Ding jeder Berührung  zu entziehen, und wenn der Neurotiker auch einen  Eindruck oder eine Tätigkeit durch eine Pause isoliert,  gibt er uns symbolisch zu verstehen, daß er die  Gedanken an sie nicht in assoziative Berührung mit  anderen kommen lassen will.   So weit reichen unsere Untersuchungen über die  Symptombildung. Es verlohnt sich kaum, sie zu resu-  mieren, sie sind ergebnisarm und unvollständig ge-    62 Siem. Freud    blieben, haben auch wenig gebracht, was nicht schon  früher bekannt gewesen wäre. Die Symptombildung  bei anderen Affektionen als bei den Phobien, der  Konversionshysterie und der Zwangsneurose in Betracht  zu ziehen, wäre aussichtslos ; es ist zu wenig darüber  bekannt. Aber auch schon aus der Zusammenstellung  dieser drei Neurosen erhebt sich ein schwerwiegendes,  nicht mehr aufzuschiebendes Problem. Für alle drei  ist die Zerstörung des Odipuskomplexes der Ausgang,  in allen, nehmen wir an, die Kastrationsangst der  Motor des Ichsträubens. Aber nur in den Phobien  kommt solche Angst zum Vorschein, wird sie einge-  standen. Was ist bei den zwei anderen Formen aus  ihr geworden, wie hat das Ich sich solche Angst  erspart? Das Problem verschärft sich noch, wenn wir  an die vorhin erwähnte Möglichkeit denken, daß die  Angst durch eine Art Vergährung aus der im Ablauf  gestörten Libidobesetzung selbst hervorgeht, und  weiters: steht es fest, daß die Kastrationsangst der  einzige Motor der Verdrängung (oder Abwehr) ist?  Wenn man an die Neurosen der Frauen denkt, muß  man das bezweifeln, denn so sicher sich der Kastrations-  komplex bei ihnen konstatieren läßt, von einer  Kastrationsangst im richtigen Sinne kann man bei  bereits vollzogener Kastration doch nicht sprechen.    VI    Kehren wir zu den infantilen Tierphobien zu-  rück, wir verstehen diese Fälle doch besser als alle  anderen. Das Ich muf also hier gegen eine libidinöse  Objektbesetzung des Es (die des positiven oder  des negativen Odipuskomplexes) einschreiten, weil es  verstanden hat, ihr nachzugeben brächte die Gefahr  der Kastration mit sich. Wir haben das schon erörtert  und finden noch Anlaß, uns einen Zweifel klar zu  machen, der von dieser ersten Diskussion erübrigt ist.  Sollen wir beim kleinen Hans (also im Falle des posi-  tiven Odipuskomplexes) annehmen, daß es die zärt-  liche Regung für die Mutter oder die aggressive gegen  den Vater ist, welche die Abwehr des Ichs heraus-  fordert? Praktisch schiene das gleichgültig, besonders  da die beiden Regungen einander bedingen, aber ein  theoretisches Interesse knüpft sich an die Frage, weil  nur die zärtliche Strömung für die Mutter als eine  rein erotische gelten kann. Die aggressive ist wesent-  lich vom Destruktionstrieb abhängig, und wir haben       64 Siem. Freud    immer geglaubt, bei der Neurose wehre sich das Ich  gegen Ansprüche der Libido, nicht der anderen  Triebe. In der Tat sehen wir, daf$ nach der Bildung  der Phobie die zärtliche Mutterbindung wie ver-  schwunden ist, sie ist durch die Verdrängung gründ-  lich erledigt worden, an der aggressiven Regung hat  sich aber die Symptom- (Ersatz-) Bildung vollzogen.  Im Falle des Wolfsmannes liegt es einfacher, die ver-  drängte Regung ist wirklich eine erotische, die  feminine Einstellung zum Vater, und ah ihr vollzieht  sich auch die Symptombildung.   Es ist fast beschämend, daß wir nach so langer  Arbeit noch immer Schwierigkeiten in der Auffassung  der fundamentalsten Verhältnisse finden, aber wir  haben uns vorgenommen, nichts zu vereinfachen und  nichts zu verheimlichen. Wenn wir nicht klar sehen  können, wollen wir wenigstens die Unklarheiten schart  sehen. Was uns hier im \Wege steht, ist offenbar  eine Unebenheit in der Entwicklung unserer Trieb-  lehre. Wir hatten zuerst die Organisationen der Libido  von der oralen über die sadistisch-anale zur genitalen  Stufe verfolgt und dabei alle Komponenten des Sexual-  triebs einander gleichgestellt. Später erschien uns der  Sadismus als der Vertreter eines anderen, dem Eros  gegensätzlichen Triebes. Die neue Auffassung von den  zwei Iriebgruppen scheint die frühere Konstruktion  von den sukzessiven Phasen der Libidoorganisation zu  sprengen. Die hilfreiche Auskunft aus dieser Schwierig-       FHemmung, Symptom und Angst 65    —    keit brauchen wir aber nicht neu zu erfinden. Sie  hat sich uns längst geboten und lautet, daß wir es  kaum jemals mit reinen Triebregungen zu tun haben,  sondern durchwegs mit Legierungen beider Triebe in  verschiedenen Mengenverhältnissen. Die sadistische  Objektbesetzung hat also auch ein Anrecht, als eine  libidinöse behandelt zu werden, die Organisationen  der Libido brauchen nicht revidiert zu werden, die  aggressive Regung gegen den Vater kann mit dem-  selben Anrecht Objekt der Verdrängung werden wie  die zärtliche für die Mutter. Immerhin setzen wir als  Stoff für spätere Überlegung die Möglichkeit beiseite,  daf3 die Verdrängung ein ProzefS ist, der eine beson-  dere Beziehung zur Genitalorganisation der Libido hat,  daß das Ich zu anderen Methoden der Abwehr  greift, wenn es sich der Libido auf anderen Stufen  der Organisation zu erwehren hat, und setzen wir  fort. Ein Fall wie der des kleinen Hans gestattet  uns keine Entscheidung; hier wird zwar eine aggressive  Regung durch Verdrängung erledigt, aber nachdem  die Genitalorganisation bereits erreicht ist.   Wir wollen diesmal die Beziehung zur Angst  nicht aus den Augen lassen. Wir sagten, so wie das  Ich die Kastrationsgefahr erkannt hat, gibt es das  Angstsignal und inhibiert mittels der Lust-Unlust-  Instanz auf eine weiter nicht einsichtliche Weise den  bedrohlichen Besetzungsvorgang im Es. Gleichzeitig  vollzieht sich die Bildung der Phobie. Die Kastrations-    Freud: Hemmung, Symptom und Angst 5    66 Sigm. Freud    angst erhält ein anderes Objekt und einen entstellten  Ausdruck: vom Pferd gebissen (vom Wolf gefressen),  anstatt vom Vater kastriert zu werden. Die Ersatz-  bildung hat zwei offenkundige Vorteile, erstens, dafß  sie einem Ambivalenzkonflikt ausweicht, denn der  Vater ist ein gleichzeitig geliebtes Objekt und zweitens,  daf3 sie dem Ich gestattet, die Angstentwicklung ein-  zustellen. Die Angst der Phobie ist nämlich eine  fakultative, sie tritt nur auf, wenn ihr Objekt Gegen-  stand der Wahrnehmung wird. Das ist ganz korrekt;  nur dann ist nämlich die Gefahrsituation vorhanden.  Von einem abwesenden Vater braucht man auch die  Kastration nicht zu befürchten. Nun kann man den  Vater nicht wegschaffen, er zeigt sich immer, wann  er will. Ist er aber durch das Tier ersetzt, so braucht  man nur den Anblick, d. h. die Gegenwart des  lieres zu vermeiden, um frei von Gefahr und Angst  zu sein. Der kleine Hans legt seinem Ich also eine  Einschränkung auf, er produziert die Hemmung, nicht  auszugehen, um nicht mit Pterden zusammenzutreffen.  Der kleine Russe hat es noch bequemer, es ist kaum  ein Verzicht für ihn, daß er ein gewisses Bilderbuch  nicht mehr zur Hand nimmt. Wenn die schlimme  Schwester ihm nicht immer wieder das Bild des auf-  rechtstehenden Wolfes in diesem Buch vor Augen  halten würde, dürfte er sich vor seiner Angst gesichert  fühlen.   Ich habe früher einmal der Phobie den Charakter    FHTemmung, Symptom und Angst 67    einer Projektion zugeschrieben, indem sie eine innere  Triebgefahr durch eine äußere Wahrnehmungsgefahr  ersetzt. Das bringt den Vorteil, daß man sich  gegen die äußere Gefahr durch Flucht und Ver-  meidung der Wahrnehmung schützen kann, während  gegen die Grefahr von innen keine Flucht nützt. Meine  Bemerkung ist nicht unrichtig, aber sie bleibt an der  Oberfläche. Der Triebanspruch ist ja nicht an sich  eine Gefahr, sondern nur darum, weil er eine richtige  äußere Gefahr, die der Kastration, mit sich bringt.  So ist im Grunde bei der Phobie doch nur eine  äußere Gefahr durch eine andere ersetzt. Daß das  Ich sich bei der Phobie durch eine Vermeidung oder  ein Hemmungssymptom der Angst entziehen kann,  stimmt sehr gut zur Auffassung, diese Angst sei nur  ein Affektsignal und an der ökonomischen Situation  sei nichts geändert worden.   Die Angst der Tierphobien ist also eine Affekt-  reaktion des Ichs auf die Gefahr; die Gefahr, die  hier signalisiert wird, die der Kastration. Kein anderer  Unterschied von der Realangst, die das Ich normaler-  weise in Gefahrsituationen äußert, als daf3 der Inhalt  der Angst unbewußt bleibt und nur in einer Entstellung  bewußt wird.   Dieselbe Auffassung wird sich uns, glaube ich, auch  für die Phobien Erwachsener giltig erweisen, wenngleich  das Material, das die Neurose verarbeitet, sehr viel    reichhaltiger ist und einige Momente zur Symptom-  5*       63 Siem. Freud    bildung hinzukommen. Im Grunde ist es das nämliche.  Der Agoraphobe legt seinem Ich eine Beschränkung  auf, um einer Triebgefahr zu entgehen. Die Triebgefahr  ist die Versuchung, seinen erotischen Gelüsten nachzu-  geben, wodurch er wieder wie in der Kindheit die  Gefahr der Kastration, oder eine ihr analoge, herauf-  beschwören würde. Als Beispiel führe ich den Fall eines  jungen Mannes an, der agoraphob wurde, weil er  befürchtete, den Lockungen von Prostituierten nach-  zugeben und sich zur Strafe Syphilis zu holen.   Ich weiß wohl, daf viele Fälle eine kompliziertere  Struktur zeigen und dafs viele andere verdrängte Trieb-  regungen in die Phobie einmünden können, aber diese  sind nur auxiliär und haben sich meist nachträglich mit  dem Kern der Neurose in Verbindung gesetzt. Die  Symptomatik der Agoraphobie wird dadurch kompli-  ziert, daßß das Ich sich nicht damit begnügt, auf etwas  zu verzichten; es tut noch etwas hinzu, um der Situation  ihre Gefahr zu benehmen. Diese Zutat ist gewöhnlich  eine zeitliche Regression in die Kinderjahre (im extremen  Fall bis in den Mutterleib, in Zeiten, in denen man gegen  die heute drohenden Gefahren geschützt war) und tritt  als die Bedingung auf, unter der der Verzicht unter-  bleiben kann. So kann der Agoraphobe auf die Straße  gehen, wenn er wie ein kleines Kind von einer Person  seines Vertrauens begleitet wird. Dieselbe Rücksicht mag  ihm auch gestatten, allein auszugehen, wenn er sich nur  nicht über eine bestimmte Strecke von seinem Haus    Femmung, Symptom und Angst 69    —    entfernt, nicht in Gegenden geht, die er nicht gut kennt  und wo er den Leuten nicht bekannt ist. In der Aus-  wahl dieser Bestimmungen zeigt sich der Einfluß der  infantilen Momente, die ihn durch seine Neurose be-  herrschen. Ganz eindeutig, auch ohne solche infantile  Regression, ist die Phobie vor dem Alleinsein, die im  Grunde der Versuchung zur einsamen Önanie aus-  weichen will. Die Bedingung der infantilen Regression  ist natürlich die zeitliche Entfernung von der Kindheit.   Die Phobie stellt sich in der Regel her, nachdem  unter gewissen Umständen — auf der Straße, auf der  Eisenbahn, im Alleinsein — ein erster Angstanfall  erlebt worden ist. Dann ist die Angst gebannt, tritt  aber jedesmal wieder auf, wenn die schützende Be-  dingung nicht eingehalten werden kann. Der Mechanismus  der Phobie tut als Abwehrmittel gute Dienste und  zeigt eine große Neigung zur Stabilität. Eine Fort-  setzung des Abwehrkampfes, der sich jetzt gegen das  Symptom richtet, tritt häufig, aber nicht notwendig, ein.   Was wir über die Angst bei den Phobien erfahren  haben, bleibt noch für die Zwangsneurose verwertbar.  Es ist nicht schwierig, die Situation der Zwangsneurose  auf die der Phobie zu reduzieren. Der Motor aller  späteren Symptombildung ist hier offenbar die Angst des  Ichs vor seinem Über-Ich. Die Feindseligkeit des Über-  Ichs ist die Gefahrsituation, der sich das Ich entziehen  muß. Hier fehlt jeder Anschein einer Projektion, die  Gefahr ist durchaus verinnerlicht. Aber wenn wir uns    70 Siem. Freud    ——.._    fragen, was das Ich von seiten des Über-Ichs befürchtet,  so drängt sich die Auffassung auf, dafs die Strafe des  Über-Ichs eine Fortbildung der Kastrationsstrafe ist.  Wie das Über-Ich der unpersönlich gewordene Vater  ist, so hat sich die Angst vor der durch ihn drohenden  Kastration zur unbestimmten sozialen oder Gewissens-  angst umgewandelt. Aber diese Angst ist gedeckt,  das Ich entzieht sich ihr, indem es die ihm auferlegten  Gebote, Vorsichten und Bußhandlungen gehorsam aus-  führt. Wenn es daran gehindert wird, dann tritt sofort  ein äußerst peinliches Unbehagen auf, in dem wir das  Äquivalent der Angst erblicken dürfen, das die Kranken  selbst der Angst gleichstellen. Unser Ergebnis lautet  also: Die Angst ist die Reaktion auf die Gefahr-  situation; sie wird dadurch erspart, daß das Ich etwas  tut, um die Situation zu vermeiden oder sich ihr zu  entziehen. Man könnte nun sagen, die Symptome  werden geschaffen, um die Angstentwicklung zu ver-  meiden, aber das läßt nicht tief blicken. Es ist richtiger  zu sagen, die Symptome werden geschaffen, um die  Gefahrsituation zu vermeiden, die durch die Angst-  entwicklung signalisiert wird. Diese Gefahr war aber  in den bisher betrachteten Fällen die Kastration oder  etwas von ihr Absgeleitetes.   Wenn die Angst die Reaktion des Ichs auf die  Gefahr ist, so liegt es nahe, die traumatische Neurose,  welche sich so häufig an überstandene Lebensgefahr  anschliefst, als direkte Folge der Lebens- oder Todes-    FIemmung, Symptom und Angst 71    angst mit Beiseitesetzung der Abhängigkeiten des Ichs  und der Kastration aufzufassen. Das ist auch von den  meisten Beobachtern der traumatischen Neurosen des  letzten Krieges geschehen, und es ist triumphierend ver-  kündet worden, nun sei der Beweis erbracht, dafs eine  Gefährdung des Selbsterhaltungstriebes eine Neurose  erzeugen könne ohne jede Beteiligung der Sexualität  und ohne Rücksicht auf die komplizierten Annahmen  der Psychoanalyse. Es ‘ist in der Tat aufserordentlich  zu bedauern, daß nicht eine einzige verwertbare Analyse  einer traumatischen Neurose vorliegt. Nicht wegen des  Widerspruches gegen die ätiologische Bedeutung der  Sexualität, denn dieser ist längst durch die Einführung  des Narziffmus aufgehoben worden, der die libidinöse  Besetzung des Ichs in eine Reihe mit den Objekt-  besetzungen bringt und die libidinöse Natur des Selbst-  erhaltungstriebes betont, sondern weil wir durch den  Ausfall dieser Analysen die kostbarste Gelegenheit zu  entscheidenden Aufschlüssen über das Verhältnis  zwischen Angst und Symptombildung versäumt haben.  Es ist nach allem, was wir von der Struktur der  simpleren Neurosen des täglichen Lebens wissen, sehr  unwahrscheinlich, daß eine Neurose nur durch die  objektive Tatsache der Gefährdung ohne Beteiligung  der tieferen unbewufßten Schichten des seelischen  Apparats zustande kommen sollte. Im Unbewußsten ist  aber nichts vorhanden, was unserem Begriff der Lebens-  vernichtung Inhalt geben kann. Die Kastration wird       72 Siem. Freud    sozusagen vorstellbar durch die tägliche Erfahrung der  Trennung vom Darminhalt und durch den bei der  Entwöhnung erlebten Verlust der mütterlichen Brust;  etwas dem Tod Ähnliches ist aber nie erlebt worden  oder hat wie die Ohnmacht keine nachweisbare Spur  hinterlassen. Ich halte darum an der Vermutung fest,  dafs die Todesangst als Analogon der Kastrationsangst  aufzufassen ist, und dafß die Situation, auf welche das  Ich reagiert, das Verlassensein vom schützenden Über-  Ich — den Schicksalsmächten — ist, womit die  Sicherung gegen alle Gefahren ein Ende hat. Außer-  dem kommt in Betracht, daf3 bei den Erlebnissen, die  zur traumatischen Neurose führen, äußerer Reizschutz  durchbrochen wird und übergroße Erregungsmengen  an den seelischen Apparat herantreten, so dafs hier  die zweite Möglichkeit vorliegt, daß Angst nicht nur  als Affekt signalisiert, sondern auch aus den ökono-  mischen Bedingungen der Situation neu erzeugt wird.   Durch die letzte Bemerkung, das Ich sei durch  regelmäßig wiederholte Objektverluste auf die Kastration  vorbereitet worden, haben wir eine neue Auffassung  der Angst gewonnen. Betrachteten wir sie bisher als  Affektsignal der Gefahr, so erscheint sie uns nun, da  es sich so oft um die Gefahr der Kastration handelt,  als die Reaktion auf einen Verlust, eine Trennung.  Mag auch mancherlei, was sich sofort ergibt, gegen  diesen Schluß sprechen, so muß uns doch eine sehr  merkwürdige Übereinstimmung auffallen. Das erste       FTemmung, Symptom und Angst „3    Angsterlebnis des Menschen wenigstens ist die Geburt  und diese bedeutet objektiv die Trennung von der  Mutter, könnte einer Kastration der Mutter (nach der  Gleichung Kind — Penis) verglichen werden. Nun wäre  es sehr befriedigend, wenn die Angst als Symbol einer  Trennung bei jeder späteren Irennung wiederholt  würde, aber leider steht einer Verwertung dieses Zu-  sammenstimmens im Wege, daß ja die Geburt subjektiv  nicht als Trennung von der Mutter erlebt wird, da  diese als Objekt dem durchaus narzifßstischen Fötus  völlig unbekannt ist. Ein anderes Bedenken wird  lauten, daß uns die Affektreaktionen auf eine Trennung  bekannt sind, und daß wir sie als Schmerz und Trauer,  nicht als Angst empfinden. Allerdings erinnern wir  uns, wir haben bei der Diskussion der Trauer auch  nicht verstehen können, warum sie so schmerzhaft ist.    VII    Es ist Zeit, sich zu besinnen. Wir suchen offenbar  nach einer Einsicht, die uns das Wesen der Angst  erschließt, nach einem Entweder—Oder, das die  Wahrheit über sie vom Irrtum scheidet. Aber das ist  schwer zu haben, die Angst ist nicht einfach zu erfassen.  Bisher haben wir nichts erreicht als Widersprüche,  zwischen denen ohne Vorurteil keine Wahl möglich  war. Ich schlage jetzt vor, es anders zu machen; wir  wollen unparteisch alles zusammentragen, was wir  von der Angst aussagen können, und dabei auf die  Erwartung einer nahen Synthese verzichten.   Die Angst ist also in erster Linie etwas Empfundenes.  Wir heißen sie einen Affektzustand, obwohl wir auch  nicht wissen, was ein Affekt ist. Sie hat als Empfindung  offenbarsten Unlustcharakter, aber das erschöpft nicht  ihre Qualität; nicht jede Unlust können wir Angst  heifßen. Es gibt andere Empfindungen mit Unlust-  charakter (Spannungen, Schmerz, Trauer) und die  Angst mufS außer dieser Unlustqualität andere Besonder-  heiten haben. Eine Frage: Werden wir es dazu bringen,       Femmung, Symptom und Angst 75    die Unterschiede zwischen diesen verschiedenen Unlust-  affekten zu verstehen?   Aus der Empfindung der Angst können wir immer-  hin etwas entnehmen. Ihr Unlustcharakter scheint eine  besondere Note zu haben; das ist schwer zu beweisen,  aber wahrscheinlich; es wäre nichts Auffälliges. Aber  außer diesem schwer isolierbaren Eigencharakter nehmen  wir an der Angst bestimmtere körperliche Sensationen  wahr, die wir auf bestimmte Organe beziehen. Da  uns die Physiologie der Angst hier nicht interessiert,  genügt es uns, einzelne Repräsentanten dieser Sensa-  tionen hervorzuheben, also die häufigsten und deut-  lichsten an den Atmungsorganen und am Herzen.  Sie sind uns Beweise dafür, dafß motorische Inner-  vationen, also Abfuhrvorgänge an dem Granzen der  Angst Anteil haben. Die Analyse des Angstzustandes  ergibt also ı) einen spezifischen Unlustcharakter,  2) Abfuhraktionen, 3) die Wahrnehmungen derselben.   Die Punkte 2) und 3) ergeben uns bereits einen  Unterschied gegen die ähnlichen Zustände, z. B.  der Trauer und des Schmerzes. Bei diesen gehören  die motorischen Äußerungen nicht dazu; wo sie vor-  handen sind, sondern sie sich deutlich nicht als Bestand-  teile des Ganzen, sondern als Konsequenzen oder  Reaktionen darauf. Die Angst ist also ein besonderer  Unlustzustand mit Abfuhraktionen auf bestimmte Bahnen.  Nach unseren allgemeinen Anschauungen werden wir  glauben, daß der Angst eine Steigerung der Erregung    76 Siem. Freud    zugrunde liegt, die einerseits den Unlustcharakter  schafft, andererseits sich durch die genannten Abfuhren  erleichtert. Diese rein physiologische Zusammenfassung  wird uns aber kaum genügen; wir sind versucht,  anzunehmen, dafß ein historisches Moment da ist,  welches die Sensationen und Innervationen der Angst  fest an einander bindet. Mit anderen Worten, daß  der Angstzustand die Reproduktion eines Erlebnisses  ist, das die Bedingungen einer solchen Reizsteigerung  und der Abfuhr auf bestimmte Bahnen enthielt, wodurch  also die Unlust der Angst ihren spezifischen Charakter  erhält. Als solches vorbildliches Erlebnis bietet sich  uns für den Menschen die Geburt, und darum sind  wir geneigt, im Angstzustand eine Reproduktion des  Greburtstraumas zu sehen.   Wir haben damit nichts behauptet, was der Angst  eine Ausnahmsstellung unter den Affektzuständen ein-  räumen würde. Wir meinen, auch die anderen Affekte  sind Reproduktionen alter, lebenswichtiger, eventuell  vorindividueller Ereignisse und wir bringen sie als  allgemeine, typische, mitgeborene hysterische Anfälle  in Vergleich mit den spät und individuell erworbenen  Attacken der hysterischen Neurose, deren Genese und  Bedeutung als Erinnerungssymbole uns durch die  Analyse deutlich geworden ist. Natürlich wäre es sehr  wünschenswert, diese Auffassung für eine Reihe anderer  Afiekte beweisend durchführen zu können, wovon  wir heute weit entfernt sind.       Hemmung, Symptom und Angst #7    Die Zurückführung der Angst auf das Geburts-  ereignis hat sich gegen naheliegende Einwände zu  verteidigen. Die Angst ist eine wahrscheinlich allen  Organismen, jedenfalls allen höheren zukommende  Reaktion, die Geburt wird nur von den Säugetieren  erlebt, und es ist fraglich, ob sie bei allen diesen die  Bedeutung eines Traumas hat. Es gibt also Angst  ohne Geburtsvorbild. Aber dieser Einwand setzt sich  über die Schranken zwischen Biologie und Psychologie  hinaus. Gerade weil die Angst eine biologisch unent-  behrliche Funktion zu erfüllen hat, als Reaktion auf  den Zustand der Gefahr, mag sie bei verschiedenen  Lebewesen auf verschiedene Art eingerichtet worden  sein. Wir wissen auch nicht, ob sie bei dem Menschen  ferner stehenden Lebewesen denselben Inhalt an Sen-  sationen und Innervationen hat wie beim Menschen.  Das hindert also nicht, daf3 die Angst beim Menschen  den Geburtsvorgang zum Vorbild nimmt.   Wenn dies die Struktur und die Herkunft der  Angst ist, so lautet die weitere Frage: Was ist ihre  Funktion? Bei welchen Gelegenheiten wird sie reprodu-  ziert? Die Antwort scheint naheliegend und zwingend  zu sein. Die Angst entstand als Reaktion auf einen  Zustand der Gefahr, sie wird nun regelmäßig reprodu-  ziert, wenn sich ein solcher Zustand wieder einstellt.   Dazu ist aber einiges zu bemerken. Die Inner-  vationen des ursprünglichen Angstzustandes waren  wahrscheinlich auch sinnvoll und zweckmäßig, ganz    78 Siem. Freud    a ——    so wie die Muskelaktionen des ersten hysterischen An-  falls. Wenn man den hysterischen Anfall erklären will,  braucht man ja nur die Situation zu suchen, in der  die betreffenden Bewegungen Anteile einer berech-  tigten Handlung waren. So hat wahrscheinlich während  der Geburt die Richtung der Innervation auf die  Atmungsorgane die Tätigkeit der Lungen vorbereitet,  die Beschleunigung des Herzschlags gegen die Ver-  giftung des Blutes arbeiten wollen. Diese Zweckmäßig-  keit entfällt natürlich bei der späteren Reproduktion  des Angstzustandes als Affekt, wie sie auch beim  wiederholten hysterischen Anfall vermißt wird. Wenn  also das Individuum in eine neue Gefahrsituation gerät,  so kann es leicht unzweckmäßig werden, daß es mit  dem Angstzustand, der Reaktion auf eine frühere  Gefahr antwortet, anstatt die der jetzigen adäquaten  Reaktion einzuschlagen. Die Zweckmäßigkeit tritt aber  wieder hervor, wenn die Gefahrsituation als heran-  nahend erkannt und durch den Angstausbruch signa-  lisiert wird. Die Angst kann dann sofort durch ge-  eignetere Maßnahmen abgelöst werden. Es sondern  sich also sofort zwei Möglichkeiten des Auftretens der  Angst: die eine, unzweckmäßige, in einer neuen Gefahr-  situation, die andere, zweckmäßige, zur Signalisierung  und Verhütung einer solchen.   Was aber ist eine „Gefahr‘‘? Im Geburtsakt  besteht eine objektive Gefahr für die Erhaltung des  Lebens, wir wissen, was das in der Realität bedeutet.       FAemmung, Symptom und Angst 79    Aber psychologisch sagt es uns gar nichts. Die Gefahr  der Geburt hat noch keinen psychischen Inhalt.  Sicherlich dürfen wir beim Fötus nichts voraussetzen,  was sich irgendwie einer Art von Wissen um die  Möglichkeit eines Ausgangs in Lebensvernichtung an-  nähert. Der Fötus kann nichts anderes bemerken  als eine großartige Störung in der Ökonomie seiner  narzißtischen Libido. Große Erregungssummen dringen  zu ihm, erzeugen neuartige Unlustempfindungen, manche  Organe erzwingen sich erhöhte Besetzungen, was wie  ein Vorspiel der bald beginnenden Objektbesetzung  ist; was davon wird als Merkzeichen einer ‚Grefahr-  situation‘ Verwertung finden?   Wir wissen leider viel zu wenig von der seelischen  Verfassung des Neugeborenen, um diese Frage direkt  zu beantworten. Ich kann nicht einmal für die Brauch-  barkeit der eben gegebenen Schilderung einstehen. Es  ist leicht zu sagen, das Neugeborene werde den Angst-  affekt in allen Situationen wiederholen, die es an das  Geburtsereignis erinnert. Der entscheidende Punkt  bleibt aber, wodurch und woran es erinnert wird.   Es bleibt uns kaum etwas anderes übrig, als die  Anlässe zu studieren, bei denen der Säugling oder  das ein wenig ältere Kind sich zur Angstentwicklung  bereit zeigt. Rank hat in seinem Buch „Das Irauma  der Geburt‘ einen sehr energischen Versuch gemacht,    I) Otto Rank, Das Trauma der Geburt und seine Bedeutung  für die Psychoanalyse. Internat. Psychoanalyt. Bibliothek XIV, 1924.       80 Siem. Freud    ——    die Beziehungen der frühesten Phobien des Kindes  zum Eindruck des Geburtsereignisses zu erweisen,  allein ich kann ihn nicht für geglückt halten. Man kann  ihm zweierlei vorwerfen: Erstens, dafs er auf der Vor-  aussetzung beruht, das Kind habe bestimmte Sinnes-  eindrücke, insbesondere visueller Natur, bei seiner  Geburt empfangen, deren Erneuerung die Erinnerung  an das Greburtstrauma und somit die Angstreaktion  hervorrufen kann. Diese Annahme ist völlig unbewiesen  und sehr unwahrscheinlich; es ist nicht glaubhaft, dafs  das Kind andere als taktileund Allgemeinsensationen vom  Geburtsvorgang bewahrt hat. Wenn es also später  Angst vor kleinen Tieren zeigt, die in Löchern ver-  schwinden oder aus diesen herauskommen, so erklärt  Rank diese Reaktion durch die Wahrnehmung einer  Analogie, dieaber dem Kinde nicht auffällig werden kann.  Zweitens, daß Rank in der Würdigung dieser späteren  Angstsituationen je nach Bedürfnis die Erinnerung an die  glückliche intrauterine Existenz oder an deren trauma-  tische Störung wirksam werden läßt, womit der Willkür  in der Deutung Tür und Tor geöffnet wird. Einzelne  Fälle dieser Kinderangst widersetzen sich direkt der  Anwendung des Rank schen Prinzips. Wenn das Kind  in Dunkelheit und Einsamkeit gebracht wird, so sollten  wir erwarten, dafs es diese Wiederherstellung der  intrauterinen Situation mit Befriedigung aufnimmt, und  wenn die Tatsache, daß es gerade dann mit Angst  reagiert, auf die Erinnerung an die Störung dieses       FAemmung, Symptom und Angst S1    Glücks durch die Geburt zurückgeführt wird, so kann  man das Gezwungene dieses Erklärungsversuches:nicht  länger verkennen.   Ich muf3 den Schluß ziehen, daß die frühesten  Kindheitsphobien eine direkte Rückführung auf den  Eindruck des Geburtsaktes nicht zulassen und sich  überhaupt bis jetzt der Erklärung entzogen haben.  Fine gewisse Angstbereitschaft des Säuglings ist unver-  kennbar. Sie ist nicht etwa unmittelbar nach der  Geburt am stärksten, um dann langsam abzunehmen,  sondern tritt erst später mit dem Fortschritt der  seelischen Entwicklung hervor und hält über eine  gewisse Periode der Kinderzeit an. Wenn sich solche  Frühphobien über diese Zeit hinaus erstrecken, er-  wecken sie den Verdacht einer neurotischen Störung,  wiewohl uns ihre Beziehung zu den späteren deutlichen  Neurosen der Kindheit keineswegs einsichtlich ist.   Nur wenige Fälle der kindlichen Angstäufßserung  sind uns verständlich; an diese werden wir uns halten  müssen. So, wenn das Kind allein, in der Dunkelheit,  ist und wenn es eine fremde Person an Stelle der ihm  vertrauten (der Mutter) findet. Diese drei Fälle reduzieren  sich auf eine einzige Bedingung, das Vermissen der  geliebten (ersehnten) Person. Von da an ist aber der  Weg zum Verständnis der Angst und zur Vereinigung  der Widersprüche, die sich an sie zu knüpfen  scheinen, frei.   Das Erinnerungsbild der ersehnten Person wird    Freud: Hemmung, Symptom und Angst 6    GB ., Siem. Freud    gewif) intensiv, wahrscheinlich zunächst halluzinatorisch  besetzt. Aber das hat keinen Erfolg und nun hat es  den Anschein, als ob diese Sehnsucht in Angst um-  schlüge. Es macht geradezu den Eindruck, als wäre  diese Angst ein Ausdruck der Ratlosigkeit, als wüßte  das noch sehr unentwickelte Wesen mit dieser sehn-  süchtigen Besetzung nichts Besseres anzufangen. Die  Angst erscheint so. als Reaktion auf das Vermissen  des Objekts und es drängen sich uns die Analogien  auf, daf®? auch die Kastrationsangst die Trennung  von einem hochgeschätzten Objekt zum Inhalt hat,  und daß die ursprünglichste Angst (die „Urangst“  der Geburt) bei der Trennung von der Mutter ent-  stand.   Die nächste Überlegung führt über diese Betonung  des Objektverlustes hinaus. Wenn der Säugling nach  der Wahrnehmung der Mutter verlangt, so doch nur  darum, weil er bereits aus Erfahrung weiß, daß sie  alle seine Bedürfnisse ohne Verzug befriedigt. Die  Situation, die er als „Gefahr“ wertet, gegen die er  versichert sein will, ist also die der Unbefriedigung,  des Anwachsens der Bedürfnisspannung,  gegen die er ohnmächtig ist. Ich meine, von diesem  Gesichtspunkt aus ordnet sich alles ein; die Situation  der Unbefriedigung, in der Reizgrößen eine unlustvolle  Höhe erreichen, ohne Bewältigung durch psychische  Verwendung und Abfuhr zu finden, muß für den Säug-  ling die Analogie mit dem Geburtserlebnis, die Wieder-       Hemmung, Symptom und Angst 83    holung der Gefahrsituation sein; das beiden Gemein-  same ist die ökonomische Störung durch das Anwachsen  der Erledigung heischenden Reizgrößen, dieses Moment  also der eigentliche Kern der „Gefahr“. In beiden  Fällen tritt die Angstreaktion auf, die sich auch noch  beim Säugling als zweckmäßig erweist, indem die  Richtung der Abfuhr auf Atem- und Stimmuskulatur  nun die Mutter herbeiruft, wie sie früher die  Lungentätigkeit zur Wegschaffung der inneren Reize  anregte. Mehr als diese Kennzeichnung der Gefahr  braucht das Kind von seiner Geburt nicht bewahrt  zu haben.   Mit der Erfahrung, daß ein äußeres, durch Wahr-  nehmung erfaßbares Objekt der an die Geburt mahnenden  gefährlichen Situation ein Ende machen kann, ver-  schiebt sich nun der Inhalt der Gefahr von der öko-  nomischen Situation auf seine Bedingung, den Objekt-  verlust. Das Vermissen der Mutter wird nun die  Gefahr, bei deren Eintritt der Säugling das Angst-  signal gibt, noch ehe die gefürchtete ökonomische  Situation eingetreten ist. Diese Wandlung bedeutet  einen ersten großen Fortschritt in der Fürsorge für  die Selbsterhaltung, sie schließt gleichzeitig den Über-  gang von der automatisch ungewollten Neuentstehung  der Angst zu ihrer beabsichtigten Reproduktion als  Signal der Gefahr ein.   In beiden Hinsichten, sowohl als automatisches    Phänomen wie als rettendes Signal, zeigt sich die  6*    34 Siem. Freud    ——    Angst als Produkt der psychischen Hilflosigkeit des  Säuglings, welche das selbstverständliche Gegenstück  seiner biologischen Hilflosigkeit ist. Das auffällige  Zusammentreffen, daß sowohl die Geburtsangst wie die  Säuglingsangst die Bedingung der Trennung von der  Mutter anerkennt, bedarf keiner psychologischen  Deutung; es erklärt sich biologisch einfach genug aus  der Tatsache, daf3 die Mutter, die zuerst alle Bedürf-  nisse des Fötus durch die Einrichtungen ihres Leibes  beschwichtigt hatte, dieselbe Funktion zum Teil mit  anderen Mitteln auch nach der Geburt fortsetzt.  Intrauterinleben und erste Kindheit sind weit mehr ein  Kontinuum, als uns die auffällige Zensur des Geburts-  aktes glauben läßt. Das psychische Mutterobjekt  ersetzt dem Kinde die biologische Fötalsituation. Wir  dürfen darum nicht vergessen, daf3 im Intrauterin-  leben die Mutter kein Objekt war, und daß es damals  keine Objekte gab.   Es ist leicht zu sehen, daß es in diesem Zusammen-  hange keinen Raum für ein Abreagieren des Geburts-  traumas gibt, und daß eine andere Funktion der  Angst als die eines Signals zur Vermeidung der  Gefahrsituation nicht aufzufinden ist. Die Angst-  bedingung des Objektverlustes trägt nun noch ein  ganzes Stück weiter. Auch die nächste Wandlung der  Angst, die in der phallischen Phase auftretende  Kastrationsangst, ist eine Irennungsangst und an die-  selbe Bedingung gebunden. Die Gefahr ist hier die       Femmung, Symptom und Angst 85    Irennung von dem Genitale. Ein vollberechtigt  scheinender Gedankengang von Ferenczi läßt uns  hier die Linie des Zusammenhanges mit den früheren  Inhalten der Gefahrsituation deutlich erkennen. Die hohe  narzifßtische Einschätzung des Penis kann sich darauf  berufen, daß der Besitz dieses Organs die Gewähr für  eine Wiedervereinigung mit der Mutter (dem Mutter-  ersatz) im Akt des Koitus enthält. Die Beraubung  dieses Gliedes ist soviel wie eine neuerliche Trennung  von der Mutter, bedeutet also wiederum, einer unlust-  vollen Bedürfnisspannung (wie bei der Geburt) hilflos  ausgeliefert zu sein. Das Bedürfnis, dessen Ansteigen  gefürchtet wird, ist aber nun ein sSpezialisiertes, das  der genitalen Libido, nicht mehr ein beliebiges wie in  der Säuglingszeit. Ich füge hier an, daf3 die Phantasie  der Rückkehr in den Mutterleib der Koitusersatz des  Impotenten (durch die Kastrationsdrohung Gehemmten)  ist. Im Sinne Ferenczis kann man sagen, das  Individuum, das sich zur Rückkehr in den Mutter-  leib durch sein Genitalorgan vertreten lassen wollte,  ersetzt nun regressiv dies Organ durch seine ganze  Person.   Die Fortschritte in der Entwicklung des Kindes,  die Zunahme seiner Unabhängigkeit, die schärfere  Sonderung seines seelischen Apparats in mehrere  Instanzen, das Auftreten neuer Bedürfnisse, können  nicht ohne Einfluß auf den Inhalt der Gefahrsituation  bleiben. Wir haben dessen Wandlung vom Verlust    86 Sigm. Freud    —    des Mutterobjekts zur Kastration verfolgt und sehen  den nächsten Schritt durch die Macht des Über-Ichs  verursacht. Mit dem Unpersönlichwerden der Eltern-  instanz, von der man die Kastration befürchtete, wird  die Gefahr unbestimmter. Die Kastrationsangst ent-  wickelt sich zur Gewissensangst, zur sozialen Angst.  Es ist jetzt nicht mehr so leicht anzugeben, was die  Angst befürchtet. Die Formel: „Trennung, Ausschluß  aus der Horde‘, trifft nur jenen späteren Anteil des  Über-Ichs, der sich in Anlehnung an soziale Vorbilder  entwickelt hat, nicht den Kern des Über-Ichs, der der  introjizierten Elterninstanz entspricht. Allgemeiner aus-  gedrückt, ist es der Zorn, die Strafe. des Über-Ichs,  der Liebesverlust von dessen Seite, den das Ich als  Gefahr wertet und mit dem Angstsignal beantwortet.  Als letzte Wandlung dieser Angst vor dem Über-Ich  ist mir die Todes-(Lebens-)Angst, die Angst vor der  Projektion des Über-Ichs in den Schicksalsmächten  erschienen.   Ich habe früher einmal einen gewissen Wert auf  die Darstellung gelegt, daß es die bei der Verdrän-  gung abgezogene Besetzung ist, welche die Verwen-  dung als Angstabfuhr erfährt. Das erscheint mir nun  heute kaum wissenswert. Der Unterschied liegt darin,  daß ich vormals die Angst in jedem Falle durch einen  ökonomischen Vorgang automatisch entstanden glaubte,  während die jetzige Auffassung der Angst als eines  vom Ich beabsichtigten Signals zum Zweck der    FHemmung, Symptom und Angst 87    Beeinflussung der Lust-Unlustinstanz uns von diesem  ökonomischen Zwange unabhängig macht. Es ist  natürlich nichts gegen die Annahme zu sagen, daß  das Ich gerade die durch die Abziehung bei der  Verdrängung frei gewordene Energie zur Erweckung  des Affekts verwendet, aber es ist bedeutungslos  geworden, mit welchem Anteil Energie dies geschieht.   Ein anderer Satz, den ich einmal ausgesprochen,  verlangt nun nach Überprüfung im Lichte unserer  neuen Auffassung. Es ist die Behauptung, das Ich sei  die eigentliche Angststätte; ich meine, sie wird sich  als zutreffend erweisen. Wir haben nämlich keinen  Anlaß, dem Über-Ich irgendeine Angstäußerung zuzu-  teilen. Wenn aber von einer „Angst des Es die  Rede ist, so hat man nicht zu widersprechen, sondern  einen ungeschickten Ausdruck zu korrigieren. Die  Angst ist ein Affektzustand, der natürlich nur vom  Ich verspürt werden kann. Das Es kann nicht Angst  haben wie das Ich, es ist keine Organisation, kann  Gefahrsituationen nicht beurteilen. Dagegen ist es ein  überaus häufiges Vorkommnis, daß sich im Es Vor-  gänge vorbereiten oder vollziehen, die dem Ich  Anlaß zur Angstentwicklung geben; in der Tat sind  die wahrscheinlich frühesten Verdrängungen, wie die  Mehrzahl aller späteren, durch solche Angst des Ichs  vor einzelnen Vorgängen im Es motiviert. Wir unter-  scheiden hier wiederum mit gutem Grund die beiden  Fälle, daß sich im Es etwas ereignet, was eine der    88 Siem. Freud    Gefahrsituationen fürs Ich aktiviert und es somit  bewegt, zur Inhibition das Angstsignal zu geben, und  den anderen Fall, daß sich im Es die dem Geburts-  trauma analoge Situation herstellt, in der es automatisch  zur Angstreaktion kommt. Man bringt die beiden  Fälle einander näher, wenn man hervorhebt, daf der  zweite der ersten und ursprünglichen Gefahrsituation  entspricht, der erste aber einer der später aus ihr  abgeleiteten Angstbedingungen. Oder auf die wirklich  vorkommenden Affektionen bezogen: daß der zweite  Fall in der Ätiologie der Aktualneurosen verwirklicht  ist, der erste für die der Psychoneurosen charakteri-  stisch bleibt.   Wir sehen nun, daf wir frühere Ermittlungen  nicht zu entwerten, sondern bloß mit den neueren  Einsichten in Verbindung zu bringen brauchen. Es ist  nicht abzuweisen, daß bei Abstinenz, mißbräuchlicher  Störung im Ablauf der Sexualerregung, Ablenkung  derselben von ihrer psychischen Verarbeitung, direkt  Angst aus Libido entsteht, d. h. jener Zustand von  Hilflosigkeit des Ichs gegen eine übergroße Bedürfnis-  spannung hergestellt wird, der wie bei der Geburt in  Angstentwicklung ausgeht, wobei es wieder eine gleich-  gültige, aber nahe liegende Möglichkeit ist, daß gerade  der Überschuß an unverwendeter Libido seine Abfuhr  in der Angstentwicklung findet. Wir sehen, daß sich  auf dem Boden dieser Aktualneurosen besonders  leicht Psychoneurosen entwickeln, das heißt wohl, daß    Femmung, Symptom und Angst 89    das Ich Versuche macht, die Angst, die es eine Weile  suspendiert zu erhalten gelernt hat, zu ersparen und  durch Symptombildung zu binden. Wahrscheinlich  würde die Analyse der traumatischen Kriegsneurosen,  welcher Name allerdings sehr verschiedenartige  Affektionen umfaßt, ergeben haben, daf3 eine Anzahl  von ihnen an den Charakteren der Aktualneurosen  Anteil hat.   Als wir die Entwicklung der verschiedenen Gefahr-  situationen aus dem ursprünglichen Geburtsvorbild  darstellten, lag es uns ferne zu behaupten, dafs jede  spätere Angstbedingung die frühere einfach außer  Kraft setzt. Die Fortschritte der Ichentwicklung tragen  allerding dazu bei, die frühere Gefahrsituation zu  entwerten und beiseite zu schieben, so daf man  sagen kann, einem bestimmten Entwicklungsalter sei  eine gewisse Angstbedingung wie adäquat zugeteilt.  Die Gefahr der psychischen Hilflosigkeit pafst zur  Lebenszeit der Unreife des Ichs, wie die Gefahr des  Objektverlustes zur Unselbständigkeit der ersten Kinder-  jahre, die Kastrationsgefahr zur phallischen Phase, die  Über-Ichangst zur Latenzzeit. Aber es können doch  alle diese Gefahrsituationen und Angstbedingungen  nebeneinander fortbestehen bleiben und das Ich auch  zu späteren als den adäquaten Zeiten zur Angst-  reaktion veranlassen, oder es können mehrere von  ihnen gleichzeitig in Wirksamkeit treten. Möglicher-  weise bestehen auch engere Beziehungen zwischen der       90 Siem. Freud    wirksamen Gefahrsituation und der Form der auf sie  folgenden Neurose.'   Als wir in einem früheren Stück dieser Unter-  suchungen auf die Bedeutung der Kastrationsgefahr    1) Seit der Unterscheidung von Ich und Es mußte auch unser  Interesse an den Problemen der Verdrängung eine neue Belebung  erfahren. Bisher hatte es uns genügt, die dem Ich zugewendeten  Seiten des Vorgangs, die Abhaltung vom Bewußtsein und von der  Motilität und die Ersatz- (Symptom-) Bildung ins Auge zu fassen, von  der verdrängten Triebregung selbst nahmen wir an, sie bleibe im  Unbewußten unbestimmt lange unverändert bestehen. Nun wendet  sich das Interesse den Schicksalen des Verdrängten zu, und wir  ahnen, daß ein solcher unveränderter und unveränderlicher Fort-  bestand nicht selbstverständlich, vielleicht nicht einmal gewöhnlich  ist. Die ursprüngliche Triebregung ist jedenfalls durch die Ver-  drängung gehemmt und von ihrem Ziel abgelenkt worden. Ist aber  ihr Ansatz im Unbewußten erhalten geblieben und hat er sich  resistent gegen die verändernden und entwertenden Einflüsse des  Lebens erwiesen? Bestehen also die alten Wünsche noch, von  deren früherer Existenz uns die Analyse berichtet? Die Antwort  scheint naheliegend und gesichert: Die verdrängten alten Wünsche  müssen im Unbewußten noch fortbestehen, da wir ihre Abkömmlinge,  die Symptome, noch wirksam finden. Aber sie ist nicht zureichend,  sie läßt nicht zwischen den beiden Möglichkeiten entscheiden, ob  der alte Wunsch jetzt nur durch seine Abkömmlinge wirkt, denen  er all seine Besetzungsenergie übertragen hat, oder ob er außerdem  selbst erhalten geblieben ist, Wenn es sein Schicksal war, sich in  der Besetzung seiner Abkömmlinge zu erschöpfen, so bleibt noch  die dritte Möglichkeit, daß er im Verlauf der Neurose durch Re-  gression wiederbelebt wurde, so unzeitgemäß er gegenwärtig sein  mag. Man braucht diese Erwägungen nicht für müßig zu halten;  vieles an den Erscheinungen des krankhaften wie des normalen  Seelenlebens scheint solche Fragestellungen zu erfordern. In meiner  Studie über den Untergang des Ödipuskomplexes bin ich auf den  Unterschied zwischen der bloßen Verdrängung und der wirklichen  Aufhebung einer alten Wunschregung aufmerksam geworden.    Hemmung, Symptom und Angst 91    bei mehr als einer neurotischen Affektion stießen,  erteilten wir uns die Mahnung, dies Moment doch  nicht zu überschätzen, da es bei dem gewiß mehr  zur Neurose disponierten weiblichen Geschlecht doch  nicht ausschlaggebend sein könnte. Wir sehen jetzt,  daf3 wir nicht in Gefahr sind, die Kastrationsangst für  den einzigen Motor der zur Neurose führenden Abwehr-  vorgänge zu erklären. Ich habe an anderer Stelle  auseinandergesetzt, wie die Entwicklung des kleinen  Mädchens durch den Kastrationskomplex zur zärtlichen  Objektbesetzung gelenkt wird. Gerade beim Weibe  scheint die Gefahrsituation des Objektverlustes die  wirksamste geblieben zu sein. Wir dürfen an ihrer  Angstbedingung die kleine Modifikation anbringen, daß  es sich nicht mehr um das Vermissen oder den realen  Verlust des Objekts handelt, sondern um den Liebes-  verlust von seiten des Objekts. Da es sicher steht,  daß die Hysterie eine größere Affinität zur Weiblich-  keit hat, ebenso wie die Zwangsneurose zur Männlich-  keit, so liegt die Vermutung nahe, die Angstbedingung  des Liebesverlustes spiele bei Hysterie eine ähnliche  Rolle wie die Kastrationsdrohung bei den Phobien,  die Über-Ichangst bei der Zwangsneurose.    IX    Was jetzt erübrigt, ist die Behandlung der Be-  ziehungen zwischen Symptombildung und Angst-  entwicklung.   Zwei Meinungen darüber scheinen weit verbreitet  zu sein. Die eine nennt die Angst selbst ein Symptom  der Neurose, die andere glaubt an ein weit innigeres  Verhältnis zwischen beiden. Ihr zufolge würde alle  Symptombildung nur unternommen werden, um der  Angst zu entgehen; die Symptome binden die psychi-  sche Energie, die sonst als Angst abgeführt würde,  so dafß® die Angst das Grundphänomen und Haupt-  problem der Neurose wäre. |   Die zumindest partielle Berechtigung der zweiten  Behauptung läßt sich durch schlagende Beispiele er-  weisen. Wenn man einen Agoraphoben, den man auf  die Straße begleitet hat, dort sich selbst überläßt,  produziert er einen Angstanfall; wenn man einen  Zwangsneurotiker daran hindern läßt, sich nach einer  Berührung die Hände zu waschen, wird er die Beute    MHemmung, Symptom und Angst 93    einer fast unerträglichen Angst. Es ist also klar, die  Bedingung des Begleitetwerdens und die Zwangs-  handlung des Waschens hatten die Absicht und auch  den Erfolg, solche Angstausbrüche zu verhüten. In  diesem Sinne kann auch jede Hemmung, die sich das  Ich auferlegt, Symptom genannt werden.   Da wir die Angstentwicklung auf die Gefahr-  situation zurückgeführt haben, werden wir es vor-  ziehen zu sagen, die Symptome werden geschaffen,  um das Ich der Gefahrsituation zu entziehen. Wird  die Symptombildung verhindert, so tritt die Gefahr  wirklich ein, d. h. es stellt sich jene der Geburt analoge  Situation her, in der sich das Ich hilflos gegen den  stetig wachsenden Triebanspruch findet, also die erste  und ursprünglichste der Angstbedingungen. Für unsere  Anschauung erweisen sich die Beziehungen zwischen  Angst und Symptom weniger eng als angenommen  wurde, die Folge davon, daß wir zwischen beide das  Moment der Gefahrsituation eingeschoben haben. Wir  können auch ergänzend sagen, die Angstentwicklung  leite die Symptombildung ein, ja sie sei eine not-  wendige Voraussetzung derselben, denn wenn das Ich  nicht durch die Angstentwicklung die Lust-Unlust-  Instanz wachrütteln würde, bekäme es nicht die Macht,  den im Es vorbereiteten, gefahrdrohenden Vorgang  aufzuhalten. Dabei ist die,Tendenz unverkennbar, sich  auf ein Mindestmaß von Angstentwicklung zu be-  schränken, die Angst nur als Signal zu verwenden,    94 Sigm. Freud    denn sonst bekäme man die Unlust, die durch den  Triebvorgang droht, nur an anderer Stelle zu spüren,  was kein Erfolg nach der Absicht des Lustprinzips  wäre, sich aber doch bei den Neurosen häufig genug  ereignet.   Die Symptombildung hat also den wirklichen Erfolg,  die Gefahrsituation aufzuheben. Sie hat zwei Seiten;  die eine, die uns verborgen bleibt, stellt im Es jene  Abänderung her, mittels deren das Ich der Gefahr  entzogen wird, die andere uns zugewendete zeigt,  was sie an Stelle des beeinflußten Triebvorganges  geschaffen hat, die Ersatzbildung.   - Wir sollten uns aber korrekter ausdrücken, dem  Abwehrvorgang zuschreiben, was wir eben von der  Symptombildung ausgesagt haben, und den Namen  Symptombildung selbst als synonym mit Ersatzbildung  gebrauchen. Es scheint dann klar, daß der Abwehr-  vorgang analog der Flucht ist, durch die sich das Ich  einer von außen drohenden Gefahr entzieht, daß er  eben einen Fluchtversuch vor einer Triebgefahr darstellt.  Die Bedenken gegen diesen Vergleich werden uns zu  weiterer Klärung verhelfen. Erstens läßt sich ein-  wenden, daß der Objektverlust (der Verlust der Liebe  von seiten des Objekts) und die Kastrationsdrohung  ebensowohl (Gefahren sind, die von außen drohen, wie  etwa ein reißsendes Tier, also nicht Triebgefahren.  Aber es ist doch nicht derselbe Fall. Der Wolf würde  uns wahrscheinlich anfallen, gleichgültig, wie wir uns       Memmung, Symptom und Angst 95    gegen ihn benehmen; die geliebte Person würde uns aber  nicht ihre Liebe entziehen, die Kastration uns nicht  angedroht werden, wenn wir nicht bestimmte Gefühle  und Absichten in unserem Inneren nähren würden. So  werden diese Triebregungen zu Bedingungen der  äußeren Gefahr und damit selbst gefährlich, wir können  jetzt die äußere Gefahr durch Maßregeln gegen innere  Gefahren bekämpfen. Bei den Tierphobien scheint die  Gefahr noch durchaus als eine äußerliche empfunden  zu werden, wie sie auch im Symptom eine äußserliche  Verschiebung erfährt. Bei der Zwangsneurose ist sie  weit mehr verinnerlicht, der Anteil der Angst vor dem  Über-Ich, der soziale Angst ist, repräsentiert noch den  innerlichen Ersatz einer äußeren Gefahr, der andere  Anteil, die Gewissensangst, ist durchaus endopsychisch.   Ein zweiter Einwand sagt, beim Fluchtversuch  vor einer drohenden äußeren Gefahr tun wir ja nichts  anderes, als daß wir die Raumdistanz zwischen uns  und dem Drohenden vergrößern. Wir setzen uns ja  nicht gegen die Gefahr zur Wehr, suchen nichts an  ihr selbst zu ändern, wie in dem anderen Falle, daß  wir mit einem Knüttel auf den Wolf losgehen oder  mit einem Gewehr auf ihn schießen. Der Abwehr-  vorgang scheint aber mehr zu tun, als einem Flucht-  versuch entspricht. Er greift ja in den drohenden  Triebablauf ein, unterdrückt ihn irgendwie, lenkt ihn  von seinem Ziel ab, macht ihn dadurch ungefährlich.  Dieser Einwand scheint unabweisbar, wir müssen ihm    96 Siem. Freud    Rechnung tragen. Wir meinen, es wird wohl so sein,  dafß es Abwehrvorgänge gibt, die man mit gutem  Recht einem Fluchtversuch vergleichen kann, während  sich das Ich bei anderen weit aktiver zur Wehre  setzt, energische Gegenaktionen vornimmt. Wenn der  Vergleich der Abwehr mit der Flucht nicht überhaupt  durch den Umstand gestört wird, dafs das Ich und  der Trieb im Es ja Teile derselben Organisation sind,  nicht getrennte Existenzen, wie der Wolf und das Kind,  so daf jede Art Verhaltens des Ichs auch abändernd  auf den Triebvorgang einwirken muß.   Durch das Studium der Angstbedingungen haben  wir das Verhalten des Ichs bei der Abwehr sozusagen  in rationeller Verklärung erblicken müssen. Jede Gefahr-  situation entspricht einer gewissen Lebenszeit oder  Entwicklungsphase des seelischen Apparats und er-  scheint für diese berechtigt. Das frühkindliche Wesen  ist wirklich nicht dafür ausgerüstet, große Erregungs-  summen, die von außen oder innen anlangen, psychisch  zu bewältigen. Zu einer gewissen Lebenszeit ist es  wirklich das wichtigste Interesse, daß die Personen,  von denen man abhängt, ihre zärtliche Sorge nicht  zurückziehen. Wenn der Knabe den mächtigen Vater  als Rivalen bei der Mutter empfindet, seiner aggressiven  Neigungen gegen ihn und seiner sexuellen Absichten  auf die Mutter inne wird, hat er ein Recht dazu, sich  vor ihm zu fürchten, und die Angst vor seiner Strafe  kann durch phylogenetische Verstärkung sich als       Hemmung, Symptom und Angst 97    Kastrationsangst äußern. Mit dem Eintritt in soziale  Beziehungen wird die Angst vor dem Über-Ich, das  Gewissen, zur Notwendigkeit, der Wegfall dieses  Moments die Quelle von schweren Konflikten und  Gefahren usw. Aber gerade daran knüpft sich ein  neues Problem.   Versuchen wir es, den Angstaffekt für eine Weile  durch einen anderen, z. B. den Schmerzaffekt, zu  ersetzen. Wir halten es für durchaus normal, daß das  Mädchen von vier Jahren schmerzlich weint, wenn ihm  eine Puppe zerbricht, mit sechs Jahren, wenn ihm die  Lehrerin einen Verweis gibt, mit sechzehn Jahren,  wenn der Geliebte sich nicht um sie bekümmert, mit  fünfundzwanzig Jahren vielleicht, wenn sie ein Kind  begräbt. Jede dieser Schmerzbedingungen hat ihre  Zeit und erlischt mit deren Ablauf; die letzten, defini-  tiven, erhalten sich dann durchs Leben. Es würde  uns aber auffallen, wenn dies Mädchen als Frau und  Mutter über die Beschädigung einer Nippsache weinen  würde. So benehmen sich aber die Neurotiker. In  ihrem seelischen Apparat sind längst alle Instanzen  zur Reizbewältigung innerhalb weiter Grenzen aus-  gebildet, sie sind erwachsen genug, um die meisten  ihrer Bedürfnisse selbst zu befriedigen, sie wissen längst,  daß die Kastration nicht mehr als Strafe geübt wird,  und doch benehmen sie sich, als bestünden die alten  Gefahrsituationen noch, sie halten an allen früheren  Angstbedingungen fest.    Freud: Hemmung, Symptom und Angst 7       98 Sigm. Freud    Die Antwort hierauf wird etwas weitläufig aus-  fallen. Sie wird vor allem den Tatbestand zu sichten  haben. In einer großen Anzahl von Fällen werden die  alten Angstbedingungen wirklich fallen gelassen, nach-  dem sie bereits neurotische Reaktionen erzeugt haben.  Die Phobien der kleinsten Kinder vor Alleinsein,  Dunkelheit und vor Fremden, die beinahe normal zu  nennen sind, vergehen zumeist in etwas späteren  Jahren, sie ‚wachsen sich aus‘, wie man von manchen  anderen Kindheitsstörungen sagt. Die so häufigen  Tierphobien haben das gleiche Schicksal, viele der  Konversionshysterien der Kinderjahre finden später  keine Fortsetzung. Zeremoniell in der Latenzzeit ist  ein ungemein häufiges Vorkommnis, nur ein sehr  geringer Prozentsatz dieser Fälle entwickelt sich später  zur vollen Zwangsneurose. Die Kinderneurosen sind  überhaupt — soweit unsere Erfahrungen an den  höheren Kulturanforderungen unterworfenen Stadt-  kindern weißer Rasse reichen — regelmäßige Episoden  der Entwicklung, wenngleich ihnen noch immer zu  wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Man vermißt  die Zeichen der Kindheitsneurose auch nicht bei einem  erwachsenen Neurotiker, während lange nicht alle  Kinder, die sie zeigen, auch später Neurotiker werden.  Es müssen also im Verlaufe der Reifung Angst-  bedingungen aufgegeben worden sein und Gefahr-  situationen ihre Bedeutung verloren haben. Dazu  kommt, daß einige dieser Gefahrsituationen sich da-    Femmung, Symptom und Angst 99    durch in späte Zeiten hinüberretten, daß sie ihre  Angstbedingung zeitgemäß modifizieren. So erhält  sich z. B. die Kastrationsangst unter der Maske der  Syphilisphobie, nachdem man erfahren hat, daß zwar  die Kastration nicht mehr als Strafe für das Gewähren-  lassen der sexuellen Gelüste üblich ist, aber daß  dafür der Triebfreiheit schwere Erkrankungen drohen.  Andere der Angstbedingungen sind überhaupt nicht  zum Untergang bestimmt, sondern sollen den Men-  schen durchs Leben begleiten, wie die der Angst vor  dem Über-Ich. Der Neurotiker unterscheidet sich  dann vor den Normalen dadurch, dafs er die Reak-  tionen auf diese Gefahren übermäßig erhöht. Gegen  die Wiederkehr der ursprünglichen traumatischen  Angstsituation bietet endlich auch das Erwachsensein  keinen zureichenden Schutz; es dürfte für jedermann  eine Grenze geben, über die hinaus sein seelischer  Apparat in der Bewältigung der Erledigung heischen-  den Erregungsmengen versagt.   Diese kleinen Berichtigungen können unmöglich  die Bestimmung haben, an der Tatsache zu rütteln,  die hier erörtert wird, der Tatsache, daf$ so viele  Menschen in ihrem Verhalten zur Gefahr infantil  bleiben und verjährte Angstbedingungen nicht über-  winden; dies bestreiten, hieße die Tatsache der Neu-  rose leugnen, denn solche Personen heifst man eben  Neurotiker. Wie ist das aber möglich? Warum sind  nicht alle Neurosen Episoden der Entwicklung, die    7*    100 Siem. Freud    mit Erreichung der nächsten Phase abgeschlossen  werden?. Woher das Dauermoment in diesen Reak-  tionen auf die Gefahr? Woher der Vorzug, den der  Angstaffekt vor allen anderen Affekten zu geniefsen  scheint, daß er allein Reaktionen hervorruft, die sich  als abnorm von den anderen sondern und sich als  unzweckmäßig dem Strom des Lebens entgegen-  stellen? Mit anderen Worten, wir finden uns unver-  sehens wieder vor der so oft gestellten Vexierfrage,  woher kommt die Neurose, was ist ihr letztes, das  ihr besondere Motiv? Nach jahrzehntelangen analy-  tischen Bemühungen erhebt sich dies Problem vor  uns, unangetastet, wie zu Anfang.    X.    Die Angst ist die Reaktion auf die Gefahr. Man  kann doch die Idee nicht abweisen, daß es mit dem  Wesen der Gefahr zusammenhängt, wenn sich der  Angstaffekt eine Ausnahmsstellung in der seelischen  Ökonomie erzwingen kann. Aber die Gefahren sind  allgemein menschliche, für alle Individuen die näm-  lichen; was wir brauchen und nicht zur Verfügung  haben, ist ein Moment, das uns die Auslese der Indi-  viduen verständlich macht, die den Angstaffekt trotz  seiner Besonderheit dem normalen seelischen Betrieb  unterwerfen können, oder das bestimmt, wer an dieser  Aufgabe scheitern muß. Ich sehe zwei Versuche vor  mir, ein solches Moment aufzudecken; es ist begreif-  lich, daß jeder solche Versuch eine sympathische  Aufnahme erwarten darf, da er einem quälenden Be-  dürfnis Abhilfe verspricht. Die beiden Versuche  ergänzen einander, indem sie das Problem an ent-  gegengesetzten Enden angreifen. Der erste ist vor  mehr als zehn Jahren von Alfred Adler unter-    102 Siem. Freud    nommen worden; er behauptet, auf seinen innersten  Kern reduziert, daf3 diejenigen Menschen an der  Bewältigung der durch die Gefahr gestellten Aufgabe  scheitern, denen die Minderwertigkeit ihrer Organe  zu große Schwierigkeiten bereitet. Bestünde der Satz  Simplex sigillum veri zurecht, so müßte man eine  solche Lösung wie eine Erlösung begrüßen. Aber  im Gegenteile, die Kritik des abgelaufenen Jahrzehnts  hat die volle Unzulänglichkeit dieser Erklärung, die  sich überdies über den ganzen Reichtum der von der  Psychoanalyse aufgedeckten Tatbestände hinaussetzt,  beweisend dargetan.   Den zweiten Versuch hat Otto Rank 1923 in  seinem Buch ‚Das Trauma der Geburt‘ unternommen.  Es wäre unbillig, ihn dem Versuch von Adler in  einem anderen Punkte als dem einen hier betonten  gleichzustellen, denn er bleibt auf dem Boden der  Psychoanalyse, deren Gedankengänge er fortsetzt und  ist als eine legitime Bemühung zur Lösung der ana-  Iytischen Probleme anzuerkennen. In der gegebenen  Relation zwischen Individuum und Gefahr lenkt Rank  von der Organschwäche des Individuums ab und aut  die veränderliche Intensität der Gefahr hin. Der  Geburtsvorgang ist die erste Gefahrsituation, der von  ihm produzierte ökonomische Aufruhr wird das Vor-  bild der Angstreaktion;, wir haben vorhin die Ent-  wicklungslinie verfolgt, welche diese erste Gefahr-  situation und Angstbedingung mit allen späteren ver-    Hemmung, Symptom und Angst 103    ——    bindet, und dabei gesehen, daß sie alle etwas Ge-  meinsames bewahren, indem sie alle in gewissem  Sinne eine Trennung von der Mutter bedeuten, zuerst  nur in biologischer Hinsicht, dann im Sinn eines  direkten Objektverlustes und später eines durch in-  direkte Wege vermittelten. Die Aufdeckung dieses  großsen Zusammenhanges ist ein unbestrittenes Ver-  dienst der Rankschen Konstruktion. Nun trifft das  Trauma der Geburt die einzelnen Individuen in ver-  schiedener Intensität, mit der Stärke des Traumas  variiert die Heftigkeit der Angstreaktion, und es soll  nach Rank von dieser Anfangsgröße der Angst-  entwicklung abhängen, ob das Individuum jemals ihre  Beherrschung erlernen kann, ob es neurotisch wird  oder normal.   Die Einzelkritik der Rankschen Aufstellungen ist  nicht unsere Aufgabe, bloß deren Prüfung, ob sie zur  Lösung unseres Problems brauchbar sind. Die Formel  Ranks, Neurotiker werde der, dem es wegen der  Stärke des Geburtstraumas niemals gelinge, dieses  völlig abzureagieren, ist theoretisch höchst anfechtbar.  Man weiß nicht recht, was mit dem Abreagieren des  Traumas gemeint ist. Versteht man es wörtlich, so  kommt man zu dem unhaltbaren Schluß, daß der  Neurotiker sich um so mehr der Gesundung nähert,  je häufiger und intensiver er den Angstaffekt repro-  duziert. Wegen dieses Widerspruches mit der Wirk-  lichkeit hatte ich ja seinerzeit die Theorie des Ab-       104 Sigm. Freud    reagierens aufgegeben, die in der Katharsis eine so  große Rolle spielte. Die Betonung der wechselnden  Stärke des Geburtstraumas läßt keinen Raum für den  berechtigten ätiologischen Anspruch der hereditären  Konstitution. Sie ist ja ein organisches Moment,  welches sich gegen die Konstitution wie eine Zu-  fälligkeit verhält und selbst von vielen, zufällig zu  nennenden Einflüssen, z. B. von der rechtzeitigen  Hilfeleistung bei der Geburt abhängig ist. Die Rank-  sche Lehre hat konstitutionelle wie phylogenetische  Faktoren überhaupt außer Betracht gelassen. Will  man aber für die Bedeutung der Konstitution Raum  schaffen, etwa durch die Modifikation, es käme viel  mehr darauf an, wie ausgiebig das Individuum auf die  variable Intensität des Geburtstraumas reagiere, SO  hat man der Theorie ihre Bedeutung geraubt, und  den neu eingeführten Faktor auf eine Nebenrolle ein-  geschränkt. Die Entscheidung über den Ausgang in  Neurose liegt dann doch auf einem anderen, wiederum  auf einem unbekannten Gebiet.   Die Tatsache, daß der Mensch den Geburtsvor-  gang mit den anderen Säugetieren gemein hat,  während ihm eine besondere Disposition zur Neurose  als Vorrecht vor den Tieren zukommt, wird kaum  günstig für die Ranksche Lehre stimmen. Der Haupt-  einwand bleibt aber, daß sie in der Luft schwebt,  anstatt sich auf gesicherte Beobachtung zu stützen. Es  gibt keine guten Untersuchungen darüber, ob schwere    Aemmung, Symptom und Angst 105    und protrahierte Geburt in unverkennbarer Weise mit  Entwicklung von Neurose zusammentreffen, ja, ob so  geborene Kinder nur die Phänomene der frühinfantilen  Ängstlichkeit länger oder stärker zeigen als andere.  Macht man geltend, daf präzipitierte und für die  Mutter leichte Geburten für das Kind möglicher-  weise die Bedeutung von schweren Traumen haben,  so bleibt doch die Forderung aufrecht, dafS Geburten,  die zur Asphyxie führen, die behaupteten Folgen mit  Sicherheit erkennen lassen müßten. Es scheint ein  Vorteil der Rankschen Ätiologie, daß sie ein Moment  voranstellt, das der Nachprüfung am Material der  Erfahrung zugänglich ist; solange man eine solche  Prüfung nicht wirklich vorgenommen hat, ist es  unmöglich, ihren Wert zu beurteilen.   Dagegen kann ich mich der Meinung nicht an-  schließen, daß die Ranksche Lehre der bisher in der  Psychoanalyse anerkannten ätiologischen Bedeutung  der Sexualtriebe widerspricht; denn sie bezieht sich  nur auf das Verhältnis des Individuums zur Gefahr-  situation und läßt die gute Auskunft offen, dafs, wer  die anfänglichen Gefahren nicht bewältigen konnte,  auch in den später auftauchenden Situationen sexueller  Gefahr versagen muß und dadurch in die Neurose  gedrängt wird.   Ich glaube also nicht, daß der Ranksche Versuch  uns die Antwort auf die Frage nach der Begründung  der Neurose gebracht hat, und ich meine, es läfst sich       106 Sigm. Freud    noch nicht entscheiden, einen wie großen Beitrag zur  Lösung der Frage er doch enthält. Wenn die Unter-  suchungen über den Einfluß schwerer Geburt auf die  Disposition zu Neurosen negativ ausfallen, ist dieser  Beitrag gering einzuschätzen. Es ist sehr zu besorgen,  daß das Bedürfnis nach einer greifbaren und einheit-  lichen ‚letzten Ursache‘‘ der Nervosität immer un-  befriedigt bleiben wird. Der ideale Fall, nach dem  sich der Mediziner wahrscheinlich noch heute sehnt,  wäre der des Bazillus, der sich isolieren und reinzüchten  läßt, und dessen Impfung bei jedem Individuum die  nämliche Affektion hervorruft. Oder etwas weniger  phantastisch: die Darstellung von chemischen Stoffen,  deren Verabreichung bestimmte Neurosen produziert und  aufhebt. Aber die Wahrscheinlichkeit spricht nicht für  solche Lösungen des Problems.   Die Psychoanalyse führt zu weniger einfachen,  minder befriedigenden Auskünften. Ich habe hier nur  längst Bekanntes zu wiederholen, nichts Neues hinzu-  zufügen. Wenn es dem Ich gelungen ist, sich einer  gefährlichen Triebregung zu erwehren, z. B. durch  den Vorgang der Verdrängung, so hat es diesen Teil  des Es zwar gehemmt und geschädigt, aber ihm  gleichzeitig auch ein Stück Unabhängigkeit gegeben  und auf ein Stück seiner eigenen Souveränität ver-  zichtet. Das folgt aus der Natur der Verdrängung,  die im Grunde ein Fluchtversuch ist. Das Verdrängte  ist nun „vogelfrei‘, ausgeschlossen aus der großen       Hemmung, Symptom und Angst 107    Organisation des Ichs, nur den Gesetzen unterworfen,  die im Bereich des Unbewußten herrschen. Ändert  sich nun die Gefahrsituation, so daß das Ich kein  Motiv zur Abwehr einer neuerlichen, der verdrängten  analogen Triebregung hat, so werden die Folgen der  Icheinschränkung manifest. Der neuerliche Triebablauf  vollzieht sich unter dem Einfluß des Automatismus,  — ich zöge vor zu sagen: des Wiederholungszwanges,  — er wandelt dieselben Wege wie der früher ver-  drängte, als ob die überwundene Gefahrsituation noch  bestünde. Das fixierende Moment an der Verdrängung  ist also der Wiederholungszwang des unbewufsten Es,  der normalerweise nur durch die frei bewegliche  Funktion des Ichs aufgehoben wird. Nun mag es  dem Ich mitunter gelingen, die Schranken der Ver-  drängung, die es selbst aufgerichtet, wieder ein-  zureißßen, seinen Einfluß auf die Triebregung wieder-  zugewinnen und den neuerlichen Triebablauf im Sinne  der veränderten Gefahrsituation zu lenken. Tatsache  ist, daß es ihm so oft mißlingt, und daß es seine  Verdrängungen nicht rückgängig machen kann. Quanti-  tative Relationen mögen für den Ausgang dieses  Kampfes maßgebend sein. In manchen Fällen haben  wir den Eindruck, daf die Entscheidung eine zwangs-  läufige ist, die regressive Anziehung der verdrängten  Regung und die Stärke der Verdrängung sind so groß,  daß die neuerliche Regung nur dem Wiederholungs-  zwange folgen kann. In anderen Fällen nehmen wir       108 Sigm. Freud    EEE    den Beitrag eines anderen Kräftespiels wahr, die An-  ziehung des verdrängten Vorbilds wird verstärkt durch  die Abstoßung von Seiten der realen Schwierigkeiten,  die sich einem anderen Ablauf der neuerlichen Trieb-  regung entgegensetzen.   Dafß dies der Hergang der Fixierung an die Ver-  drängung und der Erhaltung der nicht mehr aktuellen  Gefahrsituation ist, findet seinen Erweis in der an  sich bescheidenen, aber theoretisch kaum überschätz-  baren Tatsache der analytischen Therapie. Wennwir  dem Ich in der Analyse die Hilfe leisten, die es in  den Stand setzen kann, seine Verdrängungen aufzu-  heben, bekommt es seine Macht über das verdrängte  Es wieder und kann die Triebregungen so ablaufen  lassen, als ob die alten Gefahrsituationen nicht mehr  bestünden. Was wir so erreichen, steht in gutem  Einklang mit dem sonstigen Machtbereich unserer  ärztlichen Leistung. In der Regel muß sich ja unsere  Iherapie damit begnügen, rascher, verläßlicher, mit  weniger Aufwand den guten Ausgang herbeizuführen,  der sich unter günstigen Verhältnissen spontan ergeben  hätte.   Die bisherigen Erwägungen lehren uns, es sind  quantitative Relationen, nicht direkt aufzuzeigen, nur  auf dem Wege des Rückschlusses faßbar, die darüber  entscheiden, ob die alten Gefahrsituationen festgehalten  werden, ob die Verdrängungen des Ichs erhalten  bleiben, ob die Kinderneurosen ihre Fortsetzung       Hemmung, Symptom und Angst 109    finden oder nicht. Von den Faktoren, die an der  Verursachung der Neurosen beteiligt sind, die die  Bedingungen geschaffen haben, unter denen sich die  psychischen Kräfte mit einander messen, heben sich  für unser Verständnis drei hervor, ein biologischer,  ein phylogenetischer und ein rein psychologischer. Der  biologische ist die lang hingezogene Hilflosigkeit und  Abhängigkeit des kleinen Menschenkindes. Die Intrau-  terinexistenz des Menschen erscheint gegen die der  meisten Tiere relativ verkürzt; es wird unfertiger als  diese in die Welt geschickt. Dadurch wird der Ein-  fluß der realen Aufßenwelt verstärkt, die Differen-  zierung des Ichs vom Es frühzeitig gefördert, die  Gefahren der Außenwelt in ihrer Bedeutung er-  höht und der Wert des Objekts, das allein gegen  diese Gefahren schützen und das verlorene Intrau-  terinleben ersetzen kann, enorm gesteigert. Dies bio-  logische Moment stellt also die ersten Gefahrsituationen  her und schafft das Bedürfnis, geliebt zu werden, das  den Menschen nicht mehr verlassen wird.   Der zweite, phylogenetische, Faktor ist von uns  nur erschlossen worden; eine sehr merkwürdige Tat-  sache der Libidoentwicklung hat uns zu seiner An-  nahme gedrängt. Wir finden, daß das Sexualleben  des Menschen sich nicht wie das der meisten ihm  nahestehenden Tiere vom Anfang bis zur Reifung  stetig weiter entwickelt, sondern daß) es nach einer  ersten Frühblüte bis zum fünften Jahr eine energische    1IO Siem. Ireud    Unterbrechung erfährt, worauf es dann mit der  Pubertät von neuem anhebt und an die infantilen  Ansätze anknüpft. Wir meinen, es müßte in den  Schicksalen der Menschenart etwas Wichtiges vorge-  fallen sein, was diese Unterbrechung der Sexualent-  wicklung als historischen Niederschlag hinterlassen hat.  Die pathogene Bedeutung dieses Moments ergibt sich  daraus, dafß die meisten Triebansprüche dieser kind-  lichen Sexualität vom Ich als Gefahren behandelt und  abgewehrt werden, so daf die späteren sexuellen  Regungen der Pubertät, die ichgerecht sein sollten,  in Gefahr sind, der Anziehung der infantilen Vorbilder  zu unterliegen und ihnen in die Verdrängung zu folgen.  Hier stoßen wir auf die direkteste Ätiologie der Neu-  rosen. Es ist merkwürdig, daß der frühe Kontakt mit  den Ansprüchen der Sexualität auf das Ich ähnlich  wirkt, wie die vorzeitige Berührung mit der Aufßen-  welt.   Der dritte oder psychologische Faktor ist in einer  Unvollkommenheit unseres seelischen Apparates zu  finden, die gerade mit seiner Differenzierung in ein  Ich und ein Es zusammenhängt, also in letzter Linie  auch auf den Einfluß der Außenwelt zurückgeht. Durch  die Rücksicht auf die Gefahren der Realität wird das  Ich genötigt, sich gegen gewisse Triebregungen des  Es zur Wehre zu setzen, sie als Gefahren zu be-  handeln. Das Ich kann sich aber gegen innere Trieb-  gefahren nicht in so wirksamer Weise schützen wie    Flemmung, Symptom und Angst III    gegen ein Stück der ihm fremden Realität. Mit dem  Es selbst innig verbunden, kann es die Triebgefahr  nur abwehren, indem es seine eigene Organisation ein-  schränkt und sich die Symptombildung als Ersatz für  seine Beeinträchtigung des Triebes gefallen läßt. Er-  neuert sich dann der Andrang des abgewiesenen  Triebes, so ergeben sich für das Ich alle die Schwierig-  keiten, die wir als das neurotische Leiden kennen.   Weiter muß ich glauben, ist unsere Einsicht in das  Wesen und die Verursachung der Neurosen vorläufig  nicht gekommen.    XI  NACHTRÄGE    Im Laufe dieser Erörterungen sind verschiedene  Themen berührt worden, die vorzeitig verlassen werden  mußten und die jetzt gesammelt werden sollen, um  den Anteil Aufmerksamkeit zu erhalten, auf den sie  Anspruch haben.    A    MODIFIKATIONEN FRÜHER GEÄUSSERTER  ANSICHTEN    a) Widerstand und Gegenbesetzung    Es ist ein wichtiges Stück der Theorie der Ver-  drängung, daß sie nicht einen einmaligen Vorgang dar-  stellt, sondern einen dauernden Aufwand erfordert.  Wenn dieser entfiele, würde der verdrängte Trieb,  der kontinuierlich Zuflüsse aus seinen Quellen erhält,  ein nächstes Mal denselben Weg einschlagen, von dem  er abgedrängt wurde, die Verdrängung würde um  ihren Erfolg gebracht oder sie müßte unbestimmt oft    Aemmung, Symptom und Angst 113    wiederholt werden. So folgt aus der kontinuierlichen  Natur des’ Triebes die Anforderung an das Ich, seine  Abwehraktion durch einen Daueraufwand zu versichern.  Diese Aktion zum Schutz der Verdrängung ist es, die  wir bei der therapeutischen Bemühung als Wider-  stand verspüren. Widerstand setzt das voraus, was  ich als Gegenbesetzung bezeichnet habe. Eine  solche Gegenbesetzung wird bei der Zwangsneurose  greifbar. Sie erscheint hier als Ichveränderung, als  Reaktionsbildung im Ich, durch Verstärkung jener Ein-  stellung, welche der zu verdrängenden Triebrichtung  gegensätzlich ist (Mitleid, Gewissenhaftigkeit, Reinlich-  keit). Diese Reaktionsbildungen der Zwangsneurose sind  durchwegs Übertreibungen normaler, im Verlauf der  Latenzzeit entwickelter Charakterzüge. Es ist weit  schwieriger, die Gegenbesetzung bei der Hysterie auf-  zuweisen, wo sie nach der theoretischen Erwartung  ebenso unentbehrlich ist. Auch hier ist ein gewisses  Maß von Ichveränderung durch Reaktionsbildung un-  verkennbar und wird in manchen Verhältnissen so auf-  fällig, daß es sich der Aufmerksamkeit als das Haupt-  symptom des Zustandes aufdrängt. In solcher Weise  wird z. B. der Ambivalenzkonflikt der Hysterie gelöst,  der Haß gegen eine geliebte Person wird durch ein  Übermaß von Zärtlichkeit für sie und AÄngstlichkeit  um sie niedergehalten. Man muß aber als Unter-  schiede gegen die Zwangsneurose hervorheben, daß  solche Reaktionsbildungen nicht die allgemeine Natur    8  Freud: Hemmung, Symptom und Angst       II4 Siem. Freud    von Charakterzügen zeigen, sondern sich auf ganz  spezielle Relationen einschränken. Die Hysterika z. B.,  die ihre im Grunde gehafstten Kinder mit exzessiver  Zärtlichkeit behandelt, wird darum nicht im ganzen  liebesbereiter als andere Frauen, nicht einmal zärt-  licher für andere Kinder. Die Reaktionsbildung der  Hysterie hält an einem bestimmten Objekt zähe fest  und erhebt sich nicht zu einer allgemeinen Dis-  position des Ichs. Für die Zwangsneurose ist gerade  diese Verallgemeinerung, die Lockerung der Objekt-  beziehungen, die Erleichterung der Verschiebung in  der Objektwahl charakteristisch.   Eine andere Art der Gegenbesetzung scheint der  Eigenart der Hysterie gemäfßser zu sein. Die verdrängte  Triebregung kann von zwei Seiten her aktiviert (neu  besetzt) werden, erstens von innen her durch eine  Verstärkung des Triebes aus seinen inneren Erregungs-  quellen, zweitens von außen her durch die Wahr-  nehmung eines Objekts, das dem Trieb erwünscht  wäre. Die hysterische Gegenbesetzung ist nun vor-  zugsweise nach außen gegen die gefährliche Wahr-  nehmung gerichtet, sie nimmt die Form einer beson-  deren Wachsamkeit an, die durch Icheinschrän-  kungen Situationen vermeidet, in denen die Wahr-  nehmung auftreten müßte, und die es zustande bringt,  dieser Wahrnehmung die Aufmerksamkeit zu ent-  ziehen, wenn sie doch aufgetaucht ist. Französische  Autoren (Laforgue) haben kürzlich diese Leistung    Hemmung, Symptom und Angst 115    der Hysterie durch den besonderen Namen ‚Skoto-  misation ausgezeichnet. Noch auffälliger als bei  Hysterie ist diese Technik der Gegenbesetzung bei  den Phobien, deren Interesse sich darauf konzentriert,  sich immer weiter von der Möglichkeit der gefürch-  teten Wahrnehmung zu entfernen. Der Gegensatz in  der Richtung der Gegenbesetzung zwischen Hysterie  und Phobien einerseits und Zwangsneurose ander-  seits scheint bedeutsam, wenn er auch kein absoluter  ist. Er legt uns nahe anzunehmen, dafs zwischen der  Verdrängung und der äußeren Gegenbesetzung, wie  zwischen der Regression und der inneren Gegen-  besetzung (Ichveränderung durch Reaktionsbildung)  ein innigerer Zusammenhang besteht. Die Abwehr der  gefährlichen Wahrnehmung ist übrigens eine allgemeine  Aufgabe der Neurosen. Verschiedene Gebote und  Verbote der Zwangsneurose sollen der gleichen Ab-  sicht dienen.   Wir haben uns früher einmal klargemacht, dafs  der Widerstand, den wir in der Analyse zu über-  winden haben, vom Ich geleistet wird, das an seinen  Gegenbesetzungen festhält. Das Ich hat es schwer,  seine Aufmerksamkeit Wahrnehmungen und Vorstel-  lungen zuzuwenden, deren Vermeidung es sich bisher  zur Vorschrift gemacht hatte, oder Regungen als die  seinigen anzuerkennen, die den vollsten Gegensatz zu  den ihm als eigen vertrauten bilden. Unsere Bekämp-  fung des Widerstandes in der Analyse gründet sich    5%       116 Sipm. Freud    auf eine solche Auffassung desselben. Wir machen  den Widerstand bewufst, wo er, wie so häufig, infolge  des Zusammenhanges mit dem Verdrängten selbst  unbewußt ist; wir setzen ihm logische Argumente ent-  gegen, wenn oder nachdem er bewußt geworden ist,  versprechen dem Ich Nutzen und Prämien, wenn es  auf den Widerstand verzichtet. An dem Widerstand  des Ichs ist also nichts zu bezweifeln oder zu be-  richtigen. Dagegen fragt es sich, ob er allein den  Sachverhalt deckt, der uns in der Analyse entgegen-  tritt. Wir machen die Erfahrung, daß das Ich noch  immer Schwierigkeiten findet, die Verdrängungen rück-  gängig zu machen, auch nachdem es den Vorsatz  gefaßt hat, seine Widerstände aufzugeben, und haben  die Phase anstrengender Bemühung, die nach solchem  löblichen Vorsatz folgt, als die des ‚„Durcharbeitens“  bezeichnet. Es liegt nun nahe, das dynamische Moment  anzuerkennen, das ein solches Durcharbeiten notwendig  und verständlich macht. Es kann kaum anders sein,  als dafß® nach Aufhebung des Ichwiderstandes noch  die Macht des Wiederholungszwanges, die Anziehung  der unbewußstten Vorbilder auf den verdrängten Trieb-  vorgang, zu überwinden ist, und es ist nichts dagegen  zu sagen, wenn man dies Moment als den Wider-  stand des Unbewußten bezeichnen will. Lassen  wir uns solche Korrekturen nicht verdrießen; sie sind  erwünscht, wenn sie unser Verständnis um ein Stück  fördern, und keine Schande, wenn sie das frühere       Femmung, Symptom und Angst 117    nicht widerlegen, sondern bereichern, eventuell eine  Allgemeinheit einschränken, eine zu enge Auffassung  erweitern.   Es ist nicht anzunehmen, daß wir durch diese  Korrektur eine vollständige Übersicht über die Arten  der uns in der Analyse begegnenden Widerstände  gewonnen haben. Bei weiterer Vertiefung merken wir  vielmehr, daß wir fünf Arten des Widerstandes zu  bekämpfen haben, die von drei Seiten herstammen,  nämlich vom Ich, vom Es und vom Über-Ich, wobei  sich das Ich als die Quelle von drei in ihrer Dynamik  unterschiedenen Formen erweist. Der erste dieser drei  Ichwiderstände ist der vorhin behandelte Ver-  drängungswiderstand, über den am wenigsten  Neues zu sagen ist. Von ihm sondert sich der Über-  tragungswiderstand, der von der gleichen Natur  ist, aber in der Analyse andere und weit deutlichere  Erscheinungen macht, da es ihm gelungen ist, eine  Beziehung zur analytischen Situation oder zur Person  des Analytikers herzustellen und somit eine Ver-  drängung, die blof3 erinnert werden sollte, wieder wie  frisch zu beleben. Auch ein Ichwiderstand, aber ganz  anderer Natur, ist jener, der vom Krankheitsgewinn  ausgeht und sich auf die Einbeziehung des Symptoms  ins Ich gründet. Er entspricht dem Sträuben gegen  den Verzicht auf eine Befriedigung oder Erleichterung.  Die vierte Art des Widerstandes — den des Es —  haben wir eben für die Notwendigkeit des Durch-    118 Sigm. Freud    arbeitens verantwortlich gemacht. Der fünfte Wider-  stand, der des Über-Ichs, der zuletzt erkannte,  dunkelste, aber nicht immer schwächste, scheint dem  Schuldbewußtsein oder Strafbedürfnis zu entstammen;  er widersetzt sich jedem Erfolg und demnach auch  der Genesung durch die Analyse.    6) Angst aus Umwandlung von Libido    Die in diesem Aufsatz vertretene Auffassung der  Angst entfernt sich ein Stück weit von jener, die mir  bisher berechtigt schien. Früher betrachtete ich die  Angst als eine allgemeine Reaktion des Ichs unter  den Bedingungen der Unlust, suchte ihr Auftreten  jedesmal ökonomisch zu rechtfertigen und nahm an,  gestützt auf die Untersuchung der Aktualneurosen,  daß Libido (sexuelle Erregung), die vom Ich abge-  lehnt oder nicht verwendet wird, eine direkte Abfuhr  in der Form der Angst findet. Man kann es nicht  übersehen, daß diese verschiedenen Bestimmungen  nicht gut zusammengehen, zum mindesten nicht not-  wendig aus einander folgen. Überdies ergab sich der  Anschein einer besonders innigen Beziehung von Angst  und Libido, die wiederum mit dem Allgemeincharakter  der Angst als Unlustreaktion nicht harmonierte.   Der Einspruch gegen diese Auffassung ging von  der Tendenz aus, das Ich zur alleinigen Angststätte  zu machen, war also eine der Folgen der im ‚Ich  und Es‘ versuchten Gliederung des seelischen Appa-    Aemmung, Symptom und Angst 119    rates. Der früheren Auffassung lag es nahe, die Libido  der verdrängten Triebregung als die Quelle der Angst  zu betrachten; nach der neueren hatte vielmehr das  Ich für diese Angst aufzukommen. Also Ichangst oder  Trieb-(Es-)Angst. Da das Ich mit desexualisierter  Energie arbeitet, wurde in der Neuerung auch der  intime Zusammenhang von Angst und Libido gelockert.  Ich hoffe, es ist mir gelungen, wenigstens den Wider-  spruch klar zu machen, die Umrisse der Unsicherheit  scharf zu zeichnen.   Die Ranksche Mahnung, der Angstaffekt sei,  wie ich selbst zuerst behauptete, eine Folge des  Geburtsvorganges und eine Wiederholung der damals  durchlebten Situation, nötigte zu einer neuerlichen  Prüfung des Angstproblems. Mit seiner eigenen Auf-  fassung der Geburt als Trauma, des Angstzustandes  als Abfuhrreaktion darauf, jedes neuerlichen Angst-  affekts als Versuch, das Trauma immer vollständiger  „abzureagieren“, konnte ich nicht weiter kommen. Es  ergab sich die Nötigung, von der Angstreaktion auf  die Gefahrsituation hinter ihr zurückzugehen.  Mit der Einführung dieses Moments ergaben sich  neue Gesichtspunkte für die Betrachtung. Die Geburt  wurde das Vorbild für alle späteren Grefahrsituationen,  die sich unter den neuen Bedingungen der veränderten  Existenzform und der fortschreitenden psychischen  Entwicklung ergaben. Ihre eigene Bedeutung wurde  aber auch auf diese vorbildliche Beziehung zur Gefahr    120 Siem. Freud    eingeschränkt. Die bei der Geburt empfundene Angst  wurde nun das Vorbild eines Affektzustandes, der die  Schicksale anderer Affekte teilen mußte. Er reprodu-  zierte sich entweder automatisch in Situationen, die  seinen Ursprungssituationen analog waren, als unzweck-  mäßige Reaktionsform, nachdem er in der ersten  Gefahrsituation zweckmäßig gewesen war. Oder das  Ich bekam Macht über diesen Affekt und reproduzierte  ihn selbst, bediente sich seiner als Warnung vor der  Gefahr und als Mittel, das Eingreifen des Lust-Unlust-  mechanismus wachzurufen. Die biologische Bedeutung  des Angstaffekts kam zu ihrem Recht, indem die  Angst als die allgemeine Reaktion auf die Situation  der Gefahr anerkannt wurde; die Rolle des Ichs als  Angststätte wurde bestätigt, indem dem Ich die Funk-  tion eingeräumt wurde, den Angstaffekt nach seinen  Bedürfnissen zu produzieren. Der Angst wurden so  im späteren Leben zweierlei Ursprungsweisen zuge-  wiesen, die eine ungewollt, automatisch, jedesmal öko-  nomisch gerechtfertigt, wenn sich eine Gefahrsituation  analog jener der Geburt hergestellt hatte, die andere,  vom Ich produzierte, wenn eine solche Situation nur  drohte, um zu ihrer Vermeidung aufzufordern. In  diesem zweiten Fall unterzog sich das Ich der Angst  gleichsam wie einer Impfung, um durch einen abge-  schwächten Krankheitsausbruch einem ungeschwächten  Anfall zu entgehen. Es stellte sich gleichsam die Ge-  fahrsituation lebhaft vor, bei unverkennbarer Tendenz,    FAemmung, Symptom und Angst 121    dies peinliche Erleben auf eine Andeutung, ein Signal,  zu beschränken. Wie sich dabei die verschiedenen  Grefahrsituationen nacheinander entwickeln und doch  genetisch mit einander verknüpft bleiben, ist bereits  im einzelnen dargestellt worden. Vielleicht gelingt es  uns, ein Stück weiter ins Verständnis der Angst ein-  zudringen, wenn wir das Problem des Verhältnisses  zwischen neurotischer Angst und Realangst angreifen.   Die früher behauptete direkte Umsetzung der Libido  in Angst ist unserem Interesse nun weniger bedeut-  sam geworden. Ziehen wir sie doch in Erwägung, so  haben wir mehrere Fälle zu unterscheiden. Für die  Angst, die das Ich als Signal provoziert, kommt sie  nicht in Betracht; also auch nicht in all den Gefahr-  situationen, die das Ich zur Einleitung einer Ver-  drängung bewegen. Die libidinöse Besetzung der ver-  drängten Triebregung erfährt, wie man es am deut-  lichsten bei der Konversionshysterie sieht, eine andere  Verwendung als die Umsetzung in und Abfuhr als  Angst. Hingegen werden wir bei der weiteren Dis-  kussion der Gefahrsituation auf jenen Fall der Angst-  entwicklung stoßen, der wahrscheinlich anders zu    beurteilen ist.  c) Verdrängung und Abwehr    Im Zusammenhange der Erörterungen über das  Angstproblem habe ich einen Begriff — oder beschei-  dener ausgedrückt: einen Terminus — wieder auf-       122 Siem. Freud    genommen, dessen ich mich zu Anfang meiner Studien  vor dreißig Jahren ausschließend bedient und den ich  späterhin fallen gelassen hatte. Ich meine den des  Abwehrvorganges.” Ich ersetzte ihn in der Folge durch  den der Verdrängung, das Verhältnis zwischen beiden  blieb aber unbestimmt. Ich meine nun, es bringt einen  sicheren Vorteil, auf den alten Begriff der Abwehr  zurückzugreifen, wenn man dabei festsetzt, daß er die  allgemeine Bezeichnung für alle die Techniken sein  soll, deren sich das Ich in seinen eventuell zur Neu-  rose führenden Konflikten bedient, während Verdrän-  gung der Name einer bestimmten solchen Abwehr-  methode bleibt, die uns infolge der Richtung unserer  Untersuchungen zuerst besser bekannt worden ist.  Auch eine bloß terminologische Neuerung will  gerechtfertigt werden, soll der Ausdruck einer neuen  Betrachtungsweise oder einer Erweiterung unserer Ein-  sichten sein. Die Wiederaufnahme des Begriffes Ab-  wehr und die Einschränkung des Begriffes der Ver-  drängung trägt nun einer Tatsache Rechnung, die  längst bekannt ist, aber durch einige neuere Funde an  Bedeutung gewonnen hat. Unsere ersten Erfahrungen  über Verdrängung und Symptombildung machten wir  an der Hysterie; wir sahen, daß der Wahrnehmungs-  inhalt erregender Erlebnisse, der Vorstellungsinhalt  pathogener Gedankenbildungen vergessen und von der    1) Siehe: Die Abwehr-Neuropsychosen, Ges, Schriften, Bd. 1.    Aemmung, Symptom und Angst [23    Reproduktion im Gedächtnis ausgeschlossen wird, und  haben darum in der Abhaltung vom Bewußtsein einen  Hauptcharakter der hysterischen Verdrängung erkannt.  Später haben wir die Zwangsneurose studiert und  gefunden, daß bei dieser Affektion die pathogenen  Vorfälle nicht vergessen werden. Sie bleiben be-  wußt, werden aber auf eine noch nicht vor-  stellbare Weise ‚isoliert‘, so daß ungefähr der-  selbe Erfolg erzielt wird wie durch die hysterische  Amnesie. Aber die Differenz ist groß genug, um  unsere Meinung zu berechtigen, der Vorgang, mittels  dessen die Zwangsneurose einen Triebanspruch be-  seitigt, könne nicht der nämliche sein wie bei  Hysterie. Weitere Untersuchungen haben uns gelehrt,  daß bei der Zwangsneurose unter dem Einfluß des  Ichsträubens eine Regression der Triebregungen auf  eine frühere Libidophase erzielt wird, die zwar eine  Verdrängung nicht überflüssig macht, aber offenbar in  demselben Sinne wirkt wie die Verdrängung. Wir  haben ferner gesehen, dafß die auch bei Hysterie an-  zunehmende Gegenbesetzung bei der Zwangsneurose  als reaktive Ichveränderung eine besonders große Rolle  beim Ichschutz spielt, wir sind auf ein Verfahren der  „Isolierung‘‘ aufmerksam worden, dessen Technik wir  noch nicht angeben können, das sich einen direkten  symptomatischen Ausdruck schafft, und auf die magisch  zu nennende Prozedur des „Ungeschehenmachens‘, über  deren abweisende Tendenz kein Zweifel sein kann, die    124 Sigm. Freud    aber mit dem Vorgang der ‚Verdrängung‘ keine  Ähnlichkeit mehr hat. Diese Erfahrungen sind Grund  genug, den alten Begriff der Abwehr wieder einzu-  setzen, der alle diese Vorgänge mit gleicher Tendenz  — Schutz des Ichs gegen Triebansprüche — umfassen  kann, und ihm die Verdrängung als einen Spezialfall  zu subsumieren. Die Bedeutung einer solchen Namen-  gebung wird erhöht, wenn man die Möglichkeit erwägt,  daf3 eine Vertiefung unserer Studien eine innige Zu-  sammengehörigkeit zwischen besonderen Formen der  Abwehr und bestimmten Affektionen ergeben könnte,  z. B. zwischen Verdrängung und Hysterie. Unsere  Erwartung richtet sich ferner auf die Möglichkeit einer  anderen bedeu samen Abhängigkeit. Es kann leicht  sein, daßß der seelische Apparat vor der scharfen  Sonderung von Ich und Es, vor der Ausbildung eines  Über-Ichs, andere Methoden der Abwehr übt als nach  der Erreichung dieser Organisationsstufen.    B  ERGÄNZUNG ZUR ANGST    Der Angstaffekt zeigt einige Züge, deren Unter-  suchung weitere Aufklärung verspricht. Die Angst hat  eine unverkennbare Beziehung zur Erwartung; sie  ist Angst vor etwas. Es haftet ihr ein Charakter von  Unbestimmtheit und Objektlosigkeit an; der    Femmung, Symptom und Angst 125    korrekte Sprachgebrauch ändert selbst ihren Namen,  wenn sie ein Objekt gefunden hat, und ersetzt ihn  dann durch Furcht. Die Angst hat ferner außer ihrer  Beziehung zur Gefahr eine andere zur Neurose, um  deren Aufklärung wir uns seit langem bemühen. Es  entsteht die Frage, warum nicht alle Angstreaktionen  neurotisch sind, warum wir so viele als normal aner-  kennen; endlich verlangt der Unterschied von Real-  angst und neurotischer Angst nach gründlicher Wür-  digung.   Gehen wir von der letzteren Aufgabe aus. Unser  Fortschritt bestand in dem Rückgreifen von der Re-  aktion der Angst auf die Situation der Gefahr. Nehmen  wir dieselbe Veränderung an dem Problem der  Realangst vor, so wird uns dessen Lösung leicht.  Realgefahr ist eine Gefahr, die wir kennen, Realangst  die Angst vor einer solchen bekannten Gefahr. Die  neurotische Angst ist Angst vor einer Gefahr, die wir  nicht kennen. Die neurotische Gefahr mufs also erst  gesucht werden; die Analyse hat uns gelehrt, sie ist  eine Triebgefahr. Indem wir diese dem Ich unbe-  kannte Gefahr zum Bewußtsein bringen, verwischen  wir den Unterschied zwischen Realangst und neuro-  tischer Angst, können wir die letztere wie die erstere  behandeln.   In der Realgefahr entwickeln wir zwei Reaktionen,  die affektive, den Angstausbruch, und die Schutz-  handlung. Voraussichtlich wird bei der Triebgefahr    126 Sigm. Freud    dasselbe geschehen. Wir kennen den Fall des zweck-  mäfßligen Zusammenwirkens beider Reaktionen, indem  die eine das Signal für das Einsetzen der anderen  gibt, aber auch den unzweckmäfßligen Fall, den der  Angstlähmung, daß die eine sich auf Kosten der  anderen ausbreitet.   Es gibt Fälle, in denen sich die Charaktere von  Realangst und neurotischer Angst vermengt zeigen.  Die Gefahr ist bekannt und real, aber die Angst vor  ihr übermäßig groß, größer als sie nach unserem Urteil  sein dürfte. In diesem Mehr verrät sich das neurotische  Element. Aber diese Fälle bringen nichts prinzipiell  Neues. Die Analyse zeigt, daß an die bekannte Real-  gefahr eine unerkannte Triebgefahr geknüpft ist.   Wir kommen weiter, wenn wir uns auch mit der  Zurückführung der Angst auf die Gefahr nicht be-  gnügen. Was ist der Kern, die Bedeutung der  Gefahrsituation? Offenbar die Einschätzung unserer  Stärke im Vergleich zu ihrer Größe, das Zugeständnis  unserer Hilflosigkeit gegen sie, der materiellen Hilf-  losigkeit im Falle der Realgefahr, der psychischen Hilf-  losigkeit im Falle der Triebgefahr. Unser Urteil wird  dabei von wirklich gemachten Erfahrungen geleitet  werden; ob es sich in seiner Schätzung irrt, ist für  den Erfolg gleichgültig. Heißen wir eine solche erlebte  Situation von Hilflosigkeit eine traumatische; wir  haben dann guten Grund, die traumatische Situation  von der Gefahrsituation zu trennen.       FHemmung, Symptom und Angst 127    Es ist nun ein wichtiger Fortschritt in unserer  Selbstbewahrung, wenn eine solche traumatische Situa-  tion von Hilflosigkeit nicht abgewartet, sondern vorher-  gesehen, erwartet, wird. Die Situation, in der die Be-  dingung für solche Erwartung enthalten ist, heiße die  Gefahrsituation, in ihr wird das Angstsignal gegeben.  Dies will besagen: ich erwarte, daß sich eine Situation  von Hilflosigkeit ergeben wird, oder die gegenwärtige  Situation erinnert mich an eines der früher erfahrenen  traumatischen Erlebnisse. Daher antizipiere ich dieses  Trauma, will mich benehmen, als ob es schon da  wäre, solange noch Zeit ist, es abzuwenden. Die Angst  ist also einerseits Erwartung des Traumas, anderseits  eine gemilderte Wiederholung desselben. Die beiden  Charaktere, die uns an der Angst aufgefallen sind,  haben also verschiedenen Ursprung. Ihre Beziehung  zur Erwartung gehört zur Gefahrsituation, ihre Unbe-  stimmtheit und ÖObjektlosigkeit zur traumatischen  Situation der Hilflosigkeit, die in der Grefahrsituation  antizipiert wird.   Nach der Entwicklung der Reihe: Angst — Ge-  fahr — Hilflosigkeit (Trauma) können wir zusammen-  fassen: Die Gefahrsituation ist die erkannte, erinnerte,  erwartete Situation der Hilflosigkeit. Die Angst ist die  ursprüngliche Reaktion auf die Hilflosigkeit im Trauma,  die dann später in der Gefahrsituation als Hilfssignal  reproduziert wird. Das Ich, welches das Trauma passiv  erlebt hat, wiederholt nun aktiv eine abgeschwächte    128 Sigm. Freud    Reproduktion desselben, in der Hoffnung, deren Ab-  lauf selbsttätig leiten zu können. Wir wissen, das Kind  benimmt sich ebenso gegen alle ihm peinlichen Ein-  drücke, indem es sie im Spiel reproduziert; durch  diese Art von der Passivität zur Aktivität überzu-  gehen, sucht es seine Lebenseindrücke psychisch zu  bewältigen. Wenn dies der Sinn eines „Abreagierens  des Traumas‘ sein soll, so kann man nichts mehr  dagegen einwenden. Das Entscheidende ist aber die  erste Verschiebung der Angstreaktion von ihrem Ur-  sprung in der Situation der Hilflosigkeit auf deren  Erwartung, die Gefahrsituation. Dann folgen die weiteren  Verschiebungen von der Gefahr auf die Bedingung der  Gefahr, den Objektverlust und dessen schon erwähnte  Modifikationen.   Die „Verwöhnung‘“ des kleinen Kindes hat die uner-  wünschte Folge, daß die Gefahr des Objektverlustes  — das Objekt als Schutz gegen alle Situationen der  Hilflosigkeit — gegen alle anderen Gefahren über-  steigert wird. Sie begünstigt also die Zurückhaltung  in der Kindheit, der die motorische wie die psychische  Hilflosigkeit eigen sind.   Wir haben bisher keinen Anlaß gehabt, die  Realangst anders zu betrachten als die neurotische  Angst. Wir kennen den Unterschied; die Realgefahr  droht von einem äußeren Objekt, die neurotische  von einem Triebanspruch. Insoferne dieser Trieb-  anspruch etwas Reales ist, kann auch die neuro-       Hemmung, Symptom und Angst 129    tische Angst als real begründet anerkannt werden.  Wir haben verstanden, daß der Anschein einer be-  sonders intimen Beziehung zwischen Angst und Neu-  rose sich auf die Tatsache zurückführt, daß das Ich  sich mit Hilfe der Angstreaktion der Triebgefahr  ebenso erwehrt wie der äußeren Realgefahr, daß aber  diese Richtung der Abwehrtätigkeit infolge einer  Unvollkommenheit des seelischen Apparats in die  Neurose ausläuft. Wir haben auch die Überzeugung  gewonnen, dafs der Triebanspruch oft nur darum zur  (inneren) Gefahr wird, weil seine Befriedigung eine  äußere Gefahr herbeiführen würde, also weil diese  innere Gefahr eine äußere repräsentiert.   Anderseits muß auch die äußere (Real-) Gefahr  eine Verinnerlichung gefunden haben, wenn sie für das  Ich bedeutsam werden soll; sie muf3 in ihrer Beziehung  zu einer erlebten Situation von Hilflosigkeit erkannt  werden." Eine instinktive Erkenntnis von aufSen drohen-  der Gefahren scheint dem Menschen nicht oder nur  in sehr bescheidenem Ausmaf3 mitgegeben worden zu    1) Es mag auch oft genug vorkommen, daß in einer Gefahrsituation,  die als solche richtig geschätzt wird, zur Realangst ein Stück Trieb-  angst hinzukommt. Der Triebanspruch, vor dessen Befriedigung das  Ich zurückschreckt, wäre dann der masochistische, der gegen die  eigene Person gewendete Destruktionstrieb. Vielleicht erklärt diese  Zutat den Fall, daß die Angstreaktion übermäßig und unzweckmäßig,  lähmend, ausfällt. Die Höhenphobien (Fenster, Turm, Abgrund)  könnten diese Herkunft haben; ihre geheime feminine Bedeutung  steht dem Masochismus nahe.    Freud: Hemmung, Symptom und Angst    130 Siem. Freud    sein. Kleine Kinder tun unaufhörlich Dinge, die sie in  Lebensgefahr bringen, und können gerade darum das  schützende Objekt nicht entbehren. In der Beziehung  zur traumatischen Situation, gegen die man hilflos ist,  treffen äußere und innere Gefahr, Realgefahr und  Triebanspruch zusammen. Mag das Ich in dem einen  Falle einen Schmerz, der nicht aufhören will, erleben,  im. anderen Falle eine Bedürfnisstauung, die keine  Befriedigung finden kann, die ökonomische Situation  ist für beide Fälle die nämliche und die motorische  Hilflosigkeit findet in der psychischen Hilflosigkeit  ihren Ausdruck.   Die rätselhaften Phobien der frühen Kinderzeit  verdienen an dieser Stelle nochmalige Erwähnung. Die  einen von ihnen — Alleinsein, Dunkelheit, fremde  Personen — konnten wir als Reaktionen auf die  Gefahr des Objektverlusts verstehen; für andere —  kleine Tiere, Gewitter u. dgl. — bietet sich vielleicht  die Auskunft, sie seien die verkümmerten Reste einer  kongenitalen Vorbereitung auf die Realgefahren, die  bei anderen Tieren so deutlich ausgebildet ist. Für  den Menschen zweckmäßig ist allein der Anteil dieser  archaischen Erbschaft, der sich auf den Objektverlust  bezieht. Wenn solche Kinderphobien sich fixieren,  stärker werden und bis in späte Lebensjahre anhalten,  weist die Analyse nach, daf ihr Inhalt sich mit Trieb-  ansprüchen in Verbindung gesetzt hat, zur Vertretung  auch innerer Gefahren geworden ist.       FHemmung, Symptom und Angst 131    (2  ANGST, SCHMERZ UND TRAUER    Zur Psychologie der Gefühlsvorgänge liegt so wenig  vor, daf$ die nachstehenden schüchternen Bemer-  kungen auf die nachsichtigste Beurteilung Anspruch  erheben dürfen. An folgender Stelle erhebt sich für  uns das Problem. Wir mufsten sagen, die Angst werde  zur Reaktion auf die Gefahr des Objektverlusts. Nun  kennen wir bereits eine solche Reaktion auf den  Objektverlust, es ist die Trauer. Also wann kommt  es zur einen, wann zur anderen? An der Irauer, mit  der wir uns bereits früher beschäftigt haben,’ blieb  ein Zug völlig unverstanden, ihre besondere Schmerz-  lichkeit. Daß die Trennung vom Objekt schmerzlich  ist, erscheint uns trotzdem selbstverständlich. Also  kompliziert sich das Problem weiter: Wann macht  die Trennung vom Objekt Angst, wann Trauer und  wann vielleicht nur Schmerz?   Sagen wir es gleich, es ist keine Aussicht vor-  handen, Antworten auf diese Fragen zu geben. Wir  werden uns dabei bescheiden, einige Abgrenzungen  und einige Andeutungen zu finden.   Unser Ausgangspunkt sei wiederum die eine  Situation, die wir zu verstehen glauben, die des Säug-  lings, der anstatt seiner Mutter eine fremde Person  erblickt. Er zeigt dann die Angst, die wir auf die       ı) S. Trauer und Melancholie, Ges. Schriften, Bd. V.    193 Siem. Freud    Gefahr des Objektverlustes gedeutet haben. Aber sie  ist wohl komplizierter und verdient eine eingehendere  Diskussion. An der Angst des Säuglings ist zwar kein  Zweifel, aber Gesichtsausdruck und die Reaktion des  Weinens lassen annehmen, daß er außerdem noch  Schmerz empfindet. Es scheint, daß bei ihm einiges  zusammenflieft, was später gesondert werden wird. Er  kann das zeitweilige Vermissen und den dauernden  Verlust noch nicht unterscheiden; wenn er die Mutter  das eine Mal nicht zu Gesicht bekommen hat, benimmt  er sich so, als ob er sie nie wieder sehen sollte, und  es bedarf wiederholter tröstlicher Erfahrungen, bis er  gelernt hat, daf3 auf ein solches Verschwinden der  Mutter ihr Wiedererscheinen zu folgen pflegt. Die  Mutter reift diese für ihn so wichtige Erkenntnis,  indem sie das bekannte Spiel mit ihm aufführt, sich  vor ihm das Gesicht zu verdecken und zu seiner  Freude wieder zu enthüllen. Er kann dann sozusagen  Sehnsucht empfinden, die nicht von Verzweiflung  begleitet ist.   Die Situation, in der er die Mutter vermißt, ist  infolge seines Mißverständnisses für ihn keine Gefahr-  situation, sondern eine traumatische, oder richtiger,  sie ist eine traumatische, wenn er in diesem Moment  ein Bedürfnis verspürt, das die Mutter befriedigen soll;  sie wandelt sich zur Gefahrsituation, wenn dies  Bedürfnis nicht aktuell ist. Die erste Angstbedingung,  die das Ich selbst einführt, ist also die des Wahr-    Memmung, Symptom und Angst 133    nehmungsverlustes, die der des Objektverlustes gleich-  gestellt wird. Ein Liebesverlust kommt noch nicht in  Betracht. Später lehrt die Erfahrung, dafs das Objekt  vorhanden bleiben, aber auf das Kind böse geworden  sein kann, und nun wird der Verlust der Liebe von  seiten des Objekts zur neuen, weit beständigeren  Gefahr und Angstbedingung.   Die traumatische Situation des Vermissens der  Mutter weicht in einem entscheidenden Punkte von  der traumatischen Situation der Geburt ab. Damals  war kein Objekt vorhanden, das vermifst werden  konnte. Die Angst blieb die einzige Reaktion, die zu-  stande kam. Seither haben wiederholte Befriedigungs-  situationen das Objekt der Mutter geschaffen, das  nun im Falle des Bedürfnisses eine intensive, „sehn-  süchtig‘ zu nennende Besetzung erfährt. Auf diese  Neuerung ist die Reaktion des Schmerzes zu beziehen.  Der Schmerz ist also die eigentliche Reaktion auf  den Objektverlust, die Angst die auf die Gefahr,  welche dieser Verlust mit sich bringt, in weiterer  Verschiebung auf die Gefahr des Objektverlustes selbst.   Auch vom Schmerz wissen wir sehr wenig. Den  einzig sicheren Inhalt gibt die Tatsache, dafßß der  Schmerz — zunächst und in der Regel — entsteht,  wenn ein an der Peripherie angreifender Reiz die  Vorrichtungen des Reizschutzes durchbricht und nun  wie ein kontinuierlicher Triebreiz wirkt, gegen den die  sonst wirksamen Muskelaktionen, welche die gereizte    134 Siem. Freud    Stelle dem Reiz entziehen, ohnmächtig bleiben. Wenn  der Schmerz nicht von einer Hautstelle, sondern von  einem inneren Organ ausgeht, so ändert das nichts  an der Situation; es ist nur ein Stück der inneren  Peripherie an die Stelle der äufseren getreten. Das  Kind hat offenbar Gelegenheit, solche Schmerzerlebnisse  zu machen, die unabhängig von seinen Bedürfnis-  erlebnissen sind. Diese Entstehungsbedingung des  Schmerzes scheint aber sehr wenig Ähnlichkeit mit  einem Objektverlust zu haben, auch ist das für den  Schmerz wesentliche Moment der peripherischen  Reizung in der Sehnsuchtssituation des Kindes völlig  entfallen. Und doch kann es nicht sinnlos sein, dafs  die Sprache den Begriff des inneren, des seelischen,  Schmerzes geschaffen hat und die Empfindungen des  Objektverlusts durchaus dem körperlichen Schmerz  gleichstellt.   Beim körperlichen Schmerz entsteht eine hohe,  narzißßtisch zu nennende Besetzung der schmerzenden  Körperstelle, die immer mehr zunimmt und sozusagen  entleerend auf das Ich wirkt. Es ist bekannt, daf wir,  bei Schmerzen in inneren Organen, räumliche und  andere Vorstellungen von solchen Körperteilen  bekommen, die sonst im bewußten Vorstellen gar nicht  vertreten sind. Auch die merkwürdige Tatsache, dafs  die intensivsten Körperschmerzen bei psychischer  Ablenkung durch ein andersartiges Interesse nicht zu-  stande kommen: (man darf hier nicht sagen; unbewußt       FHemmung, Symptom und Angst 135    bleiben), findet in der Tatsache der Konzentration der  Besetzung auf die psychische Repräsentanz der  schmerzenden Körperstelle ihre Erklärung. Nun scheint  in diesem Punkt die Analogie zu liegen, die die  Übertragung der Schmerzempfindung auf das seelische  (sebiet gestattet hat. Die intensive, infolge ihrer  Unstillbarkeit stets anwachsende Sehnsuchtsbesetzung  des vermißten (verlorenen) Objektes schafft die-  selben ökonomischen Bedingungen wie die Schmerz-  besetzung der verletzten Körperstelle und macht es  möglich, von der peripherischen Bedingtheit des Körper-  schmerzes abzusehen! Der Übergang vom Körper-  schmerz zum Seelenschmerz entspricht dem Wandel  von narzißtischer zur Objektbesetzung. Die vom Be-  dürfnis hochbesetzte Objektvorstellung spielt die Rolle  der von dem Reizzuwachs besetzten Körperstelle.  Die Kontinuität und Unhemmbarkeit des Besetzungs-  vorganges bringen den gleichen Zustand der psychi-  schen Hilflosigkeit hervor. Wenn die dann entstehende  Unlustempfindung den spezifischen, nicht näher zu be-  schreibenden Charakter des Schmerzes trägt, anstatt  sich in der Reaktionsform der Angst zu äußern, so  liegt es nahe, dafür ein Moment verantwortlich zu  machen, das sonst von der Erklärung noch zu wenig  in Anspruch genommen wurde, das hohe Niveau der  Besetzungs- und Bindungsverhältnisse, auf dem sich  diese zur Unlustempfindung führenden Vorgänge voll-    ziehen.       136 Siem. Freud       Wir kennen noch eine andere Gefühlsreaktion auf  den Objektverlust, die Trauer. Ihre Erklärung bereitet  aber keine Schwierigkeiten mehr. Die Trauer entsteht  unter dem Einfluß der Realitätsprüfung, die kate-  gorisch verlangt, daß man sich von dem Objekt  trennen müsse, weil es nicht mehr besteht. Sie hat  nun die Arbeit zu leisten, diesen Rückzug vom Objekt  in all den Situationen durchzuführen, in denen das  Objekt Gegenstand hoher Besetzung war. Der schmerz-  liche Charakter dieser Trennung fügt sich dann der  eben gegebenen Erklärung durch die hohe und un-  erfüllbare Sehnsuchtsbesetzung des Objekts während  der Reproduktion der Situationen, in denen die Bindung  an das Objekt gelöst werden soll.          )    Kö @    “s NET 5) a r  pn nn    >    FRI 4 > Ak er .    .       nicr  4 i  n mn;  Pan be  En ‚ — ®  Pe    u  “  2,  ”  0  ’3  ni  -  ww."  A  %  ’  >  >  „„  7  5  #  - 2  “  MH  4  9  |  &  e-  i    P  .  ‚  »  =  D  a  ’  ’  -  ie  u;  i  D    h 5 - & Er 3 a % 0 Pr  r . r.. ’ ) n I F j u er en ur . Bi  i + 2 Le £ > . "u i We ü ‚v i en u j  2 Br 5 er A = hr  Eh 5 Ra IE ION ZUR)  Br. f = en k er u WR LD 1 i ’ „. N  # Dar. . h Pa r r . za & 12 7  Be N A Nr Ra Sl NV  hi DE * im . r „* Ei ne. 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Freud  und Angst    En  un  on  =  In  =  E  u. 

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